20.05.2021 | Johan Arnberg spricht über die Start-up DNA von Axpo Nordic und wie Innovation gefördert wird

«Geschwindigkeit ist ein sehr guter Freund in unserem Business»

Tobias Kistner

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Johan Arnberg, Head Physical Optimisation & Structuring, verkörpert Axpo Nordic wie kein anderer. Der diplomierte Meteorologe kam ein Jahr nach der Gründung der nordeuropäischen Tochtergesellschaft von Axpo an Bord. Seit 2004 hat er verschiedene Karriereschritte im Energiehandelsgeschäft gemacht, sowohl in Oslo als auch in Malmö gearbeitet und war stets an vorderster Front an innovativen Projekten beteiligt. Im Interview erzählt er, wie es ist bei Axpo Nordic zu arbeiten, warum ständiges Lernen Pflicht ist und wie er sein Team darin unterstützt Verantwortung zu übernehmen, ehrgeizig zu sein und eigene Ideen umzusetzen.

Johan, du hast einen Master of Science in Meteorologie. Warum ist deine Wahl damals auf dieses Studium gefallen?

Johan Arnberg: Ich habe mich schon immer für Segeln, Boote und Navigation interessiert und liebe das Meer. Da spielt natürlich immer auch das Wetter eine grosse Rolle. Ausserdem mag ich Mathematik und Physik. Darum war es für mich irgendwie naheliegend Meteorologie zu studieren.

Wie bist du anschliessend in der Energiebranche gelandet?

Als Student hatte ich ab dem Jahr 2000 einen Teilzeitjob als Analyst und Meteorologe im Trading-Team eines schwedischen Energieversorgers. Das Unternehmen produzierte viel Strom aus Wasserkraft im Norden Schwedens. Nach der Marktöffnung stellten sie fest, wie sehr der Strompreis vom Wetter und vom Klima abhängt. Deshalb haben sie an der Universität Stockholm angefragt, ob jemand Interesse hätte ihnen etwas über Meteorologie und die Auswirkungen des Wetters auf die Stromproduktion und die Strompreise zu erzählen - und seltsamerweise war ich der einzige Student, der wirklich interessiert war (lacht).

Wann bist du mit Axpo in Kontakt gekommen?

Als das Unternehmen, für das ich arbeitete, verkauft wurde, habe ich mich nach einem neuen Job umgesehen. EGL, die Vorgängerin der heutigen Handelsabteilung von Axpo, hatte in der Schweiz eine Stelle für einen Meteorologen frei. Diesen Job hat am Ende zwar jemand anderer bekommen, aber ein paar Wochen später wurde ich erneut kontaktiert und gefragt, ob ich als Meteorologe und Junior Trader bei EGL Nordic in Oslo starten möchte. So bin ich schliesslich in Norwegen gelandet.

«Wir hatten damals eine Start-up-Kultur und versuchen diesen Spirit heute noch zu bewahren»

Wie war es damals bei EGL Nordic zu arbeiten – so wie heute oder ganz anders?

EGL Nordic war ein Jahr zuvor gegründet worden – wir waren damals nur zu siebt. Heute arbeiten mehr als 40 Leute bei Axpo Nordic. Es war quasi ein kleines Start-up, der Markt boomte wie verrückt und es war super spannend zum Durchstarten. Wir hatten ein tolles, sehr offenes Umfeld in der Firma. Diesen Spirit versuchen wir auch heute noch, 18 Jahre später, zu bewahren.

Am Anfang warst du hauptsächlich im Eigenhandel tätig.

Ja, bis 2012 war das so. Danach gab es aber einen wachsenden Bedarf an Pricing Services und die Bedeutung des Managements von strukturierten Deals hat deutlich zugenommen. So wurde auch dieser Bereich ein Teil meiner Aufgaben. Handelsentscheidungen auf Basis von quantitativen Analysen zu fällen fand ich schon immer gut, ich habe mich zum Beispiel mit der Modellierung von Spotpreisen beschäftigt.

«Es ist Teil unserer DNA, dass wir uns ständig weiterentwickeln und Dinge ausprobieren»
Johan Arnberg spricht über die Start-up DNA von Axpo Nordic und wie Innovation gefördert wird

Was hat dir besonders gut daran gefallen, dass sich deine Aufgaben immer wieder geändert haben?

Es war eine kontinuierliche Entwicklung «on the job» verbunden mit der Notwendigkeit ständig dazuzulernen. Das ist Teil unserer Firmen-DNA, zuerst bei EGL und jetzt bei Axpo. Wir erwarten von allen Mitarbeitenden, dass sie sich weiterentwickeln, anpassen, Neues lernen und etwas ausprobieren. Das ist typisch für Axpo.

Einige Jahre später hast du Oslo verlassen und bist aus privaten Gründen zurück nach Schweden gegangen. Bei Axpo bist du aber trotzdem geblieben. Inwiefern hat sich dein Job mit dem Umzug verändert?

Zuerst war geplant, dass ich in Malmö die gleiche Funktion ausübe wie vorher in Oslo. Aber dann haben wir gesehen, dass wir unbedingt den physischen Handel ausbauen müssen. Das war mehr oder weniger der einzige Teil des Energiehandelsgeschäfts, den ich noch nicht im Detail kannte. Aber bei Axpo Nordic können sich die Dinge schnell ändern und so hat mich unser Managing Director gefragt, ob das eine interessante Option für mich wäre.

Warum ist der physische Handel so wichtig geworden?

Mit dem Ausbau der Windkraft und Solarenergie in Nordeuropa sind der kurzfristige Handel und das Balancing immer mehr ins Zentrum gerückt. Viele PPA-Transaktionen erfordern auch eine physische Abwicklung, und um wettbewerbsfähig zu sein, müssen wir uns bei der Prognose und dem kurzfristigen Handel von erneuerbaren Energien auszeichnen. Ausserdem ergeben sich durch die erhöhte Liquidität und Volatilität auf den Intra-Day-Märkten auch Möglichkeiten für den Eigenhandel. Auf diese Bereiche haben wir uns in den vergangenen Jahren konzentriert und das werden wir auch in Zukunft tun. Mittlerweile arbeiten fünf Leute in meinem Team. Einige sind wie ich in Malmö, die anderen in Oslo.

«Nach einem Jahr Pandemie ist es wichtig die Leute wiederzusehen, Ideen zu diskutieren und gemeinsam ein Bier zu trinken»

Ist es eine Herausforderung ein Team zu führen, das über verschiedene Standorte verteilt ist?

Nein, es spielt eigentlich keine Rolle, wer wo ist. Ich habe schon immer mit Leuten aus vielen Axpo Standorten zusammengearbeitet, sei es bei Axpo Nordic in Norwegen, Schweden und Finnland oder mit Kolleginnen und Kollegen in Madrid oder an unserem Hauptsitz in der Schweiz. Ich war immer sehr viel unterwegs, habe aber auch schon vor Corona von zuhause aus gearbeitet. Wenn man nicht ständig reisen muss, kann man sehr produktiv sein. Aber nach mehr als einem Jahr Pandemie ist es wichtig die Leute wiederzusehen, sich auszutauschen, Ideen zu diskutieren und ein Bier zusammen zu trinken. Das vermisse ich mittlerweile sehr.

Wie würdest du deinen Führungsstil beschreiben und was ist dein Ziel als Führungskraft?

Ich möchte, dass meine Leute selbst Verantwortung übernehmen. Wenn wir scheitern, müssen wir aufstehen und es noch einmal versuchen. Das Wichtigste ist, dass wir ehrgeizig sind, etwas anpacken und aus unseren Erfahrungen lernen. Ausserdem ist Geschwindigkeit in diesem Business oft ein sehr guter Freund. Wir bei Axpo Nordic sind relativ schnell unterwegs. Die perfekte Lösung findet man nur sehr selten auf Anhieb, meistens braucht es mehrere Versuche – je schneller wir sind, desto eher kommen wir zu einer guten Lösung.

«Wir haben eine 'can do'-Einstellung und sind immer bereit ins Wasser zu springen»

Teamgeist scheint auch wichtig zu sein.

Ja, definitiv. Ich versuche immer eine Kultur zu unterstützen, in der wir im Team zusammenarbeiten. Wir müssen zuverlässig sein und jederzeit füreinander einspringen können.

Was ist ausserdem noch besonders in deinem Team?

Wenn jemand eine klare Vorstellung davon hat, was er oder sie erreichen will, versuche ich die Idee zu unterstützen, damit sie in die Tat umgesetzt werden kann. Das ist das Coole bei Axpo Nordic: Es ist ziemlich einzigartig, dass man dafür die Unterstützung des obersten Managements bekommt. Wir haben bei Axpo Nordic eine klare «can do»-Einstellung und eine «Hands-on»-Kultur und erwarten von den Mitarbeitenden, dass sie ins Wasser springen, auch wenn sie nicht wissen, ob es warm oder kalt ist. Als Manager ist es meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass sich die Leute wohl fühlen, wenn sie ins Wasser springen.

Teamwork ist der Schlüssel zum Erfolg
«Axpo ist eine Vorreiterin in Sachen Innovation, insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energien»

Einer deiner Schwerpunkte ist die Vermarktung der Flexibilitätsoptionen von grossen Batteriespeichern. Letztes Jahr habt ihr einen Vertrag für die Bewirtschaftung von Finnlands grösster Batterie in Yllikkälä unterzeichnet.

Ja, das Optimierungsgeschäft war bei uns schon immer Teil des physischen Energiehandels. Dieses Geschäft ist hoch innovativ und wir sehen hier im Rahmen der Energiewende viele Möglichkeiten für die Zukunft. Inzwischen haben wir ein Team von fünf hochspezialisierten Leuten für das Management von Batteriespeichern. Ich wage zu behaupten, dass wir aufgrund unserer innovativen Fähigkeiten eine hervorragende Position für weiteres Wachstum haben.

Wie sieht es mit Innovationen im Allgemeinen aus, was ist dein Eindruck – hinkt die Energiebranche gegenüber anderen Branchen hinterher?

Als Industrie haben wir in der Energiebranche ganz allgemein ein gewisses Erbe und können nicht alles von Grund auf neu machen. Aber in einigen spezifischen Bereichen sind wir bei Axpo ziemlich fortschrittlich und haben eine Vorreiterrolle inne. Zum Beispiel bei der Prognose der erneuerbaren Stromproduktion, bei der Optimierung von Anlagen und bei der Art und Weise, wie wir an den Märkten handeln – wenn man sich unsere Profitabilität anschaut, machen wir bei Axpo eindeutig etwas richtig.

«Es geht nicht darum alleine innovativ zu sein – wir müssen unseren Kunden zuhören»

Was ist aus deiner Sicht entscheidend, wenn es um Innovation und Digitalisierung geht?

Wir müssen offen sein und unseren Kunden zuhören. Es geht darum zu verstehen, welche Bedürfnisse sie haben und wie wir ihre Probleme auf innovative Weise lösen können. Es wird nicht funktionieren, wenn wir ganz allein in unseren Büros sitzen und versuchen innovativ zu sein ohne die Welt da draussen im Blick zu haben. Ausserdem geht es auch um Expectation Management: Die wirklich guten Dinge entstehen oft dann, wenn man eigentlich etwas ganz anderes geplant hatte.

Wie entspannst du dich von deiner anspruchsvollen Arbeit, was machst du in der Freizeit?

(lacht) Ich habe tatsächlich keinen Nine-to-Five-Job. Dieses Geschäft ist auch mental eine Herausforderung, denn die Märkte sind rund um die Uhr geöffnet und unsere Prozesse müssen ebenfalls rund um die Uhr funktionieren. Doch wann immer es die Zeit zulässt versuche ich mit meiner Familie segeln zu gehen. Wir haben zwei Kinder, wohnen in einem alten Fischerdorf in der Nähe eines kleinen Hafens und brauchen nur drei Minuten, um zu unserem Boot zu gelangen. Das ist für mich die beste Art zu entspannen.

Über Johan Arnberg

Johan Arnberg ist 46 Jahre alt und arbeitet seit mehr als 20 Jahren in der Energiebranche. Er hat einen Master of Science in Meteorologie von der Universität Stockholm und einen Master of Science in Immobilienökonomie vom Royal Institute of Technology in Stockholm. Johan ist seit 2004 bei EGL und Axpo Nordic tätig. Er begann als Meteorologe und Junior Trader in Oslo, wurde zum Trader und Senior Trader befördert und übernahm 2016 die Rolle des Head Physical Optimisation and Structuring im Büro in Malmö. Sein Team managt eines der grössten Portfolios an erneuerbaren Energien in Nordeuropa mit einer installierten Leistung von rund 3.000 MW Windkraft.

 

Über Axpo Nordic

Axpo Nordic wurde im Jahr 2003 unter dem Namen EGL Nordic gegründet. Seither hat sich die Tochtergesellschaft für Norwegen, Schweden, Finnland, das Baltikum, Island und Dänemark zu einer der grössten und wichtigsten internationalen Niederlassungen von Axpo entwickelt. Am Hauptsitz in Oslo und in den Büros in Malmö und Helsinki arbeiten 41 Mitarbeitende, die sich darauf spezialisiert haben für ihre Kunden aus Handel, Industrie und Energieerzeugung massgeschneiderte Produkte und Services anzubieten. Der Fokus der Geschäftsaktivitäten liegt auf langfristigen Stromliefer- und Abnahmeverträgen (PPA) für erneuerbare Energien. Die Aktivitäten in den nordeuropäischen Ländern sind Teil der Strategie von Axpo, ihre internationale Präsenz und Geschäftstätigkeit im Bereich der Energielösungen für ihre Kunden weiter auszubauen.

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