05.05.2022 | Strombörsen und ausserbörslich: Wo sich die Marktakteure treffen
Den Börsenhandel mit Aktien kennen die meisten von uns – zumindest aus den Medien. Aber nicht nur Aktien werden über Börsen gehandelt, sondern auch Strom und andere Energieträger. Auch beim Strom gilt: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. So einfach, so komplex…
Strom kann im Gegensatz zu anderen Gütern – zumindest heute noch – nur begrenzt gespeichert und somit auch nicht auf Vorrat geliefert werden. Damit das Stromnetz aber sicher und stabil betrieben werden kann, darf nur so viel Strom ins Netz eingespeist werden, wie benötigt wird. Die Stabilität des Übertragungsnetzes zu gewährleisten, ist in der Schweiz Aufgabe der Swissgrid.
Die wichtigsten Handelsplätze in Europa sind der ausserbörsliche Handel (Over the Counter / OTC), sowie die gesetzlich geregelten Börsen, z.B. die European Energy Exchange EEX mit Sitz in Leipzig und die Pariser European-Power-Exchange EPEX.
Im Handel stehen sich Anbieter und Nachfrager mit ihren jeweiligen Preisvorstellungen gegenüber. Die Anbieter, die den geringsten Preis verlangen, werden als erste berücksichtigt, während die Käufer, die am meisten bieten, zuerst Strom bekommen. Der Strompreis ist dann der Preis, den Anbieter gerade noch akzeptieren und Nachfrager gerade noch zu zahlen bereit sind.
An der EEX werden langfristige Verträge auf Termin gehandelt. Der Terminmarkt ermöglicht die langfristige Planung. Zudem können sich die Akteure wie etwa die Axpo durch langfristige Finanzkontrakte gegen Preisschwankungen absichern oder profitieren von Arbitragegeschäften, also Geschäften die durch Kurs-, Preis- oder Zinsunterschiede zu Gewinn führen.
Standardprodukte sind Monats-, Quartals- oder Jahresverträge, auch Futures genannt, für sogenannte Base- und Peak-Produkte. Diese unterschiedlichen Profile werden gehandelt, weil der Stromverbrauch am Tag normalerweise höher ist als in der Nacht: Die sogenannten Baseload-Produkte decken die Grundlast eines kompletten Tages von 0 bis 24 Uhr ab. Peakload-Produkte bedienen die Spitzenlasten.
Verkauft Axpo beispielsweise heute eine bestimmte Menge Strom für x Cent pro Kilowattstunde (kWh), wird sie diese Menge Strom in einem Monat, Quartal oder mehreren Jahren, also je nach vertraglich abgemachter Laufzeit, dannzumal auch für x Cent liefern können – ganz egal, ob der Preis zu diesem künftigen Zeitpunkt höher oder tiefer ist. Ist der Preis tiefer, hat sich die Absicherung in diesem Fall für Axpo ausgezahlt.
Beim ausserbörslichen Handel wird der Strom entweder über einen Broker gehandelt oder Anbieter und Käufer verhandeln direkt bilateral, eben ausserbörslich. Diese bilateralen Geschäfte sind nicht öffentlich einsehbar. Die dort zustande kommenden Preise orientieren sich in der Regel aber an denen der offiziellen Strombörsen.
Am Spotmarkt wird kurzfristig Strom gehandelt. Damit können Stromanbieter Schwankungen im Verbrauch ausgleichen oder optimieren. Dabei wird zwischen dem Day-Ahead- und dem Intraday-Markt unterschieden. Über den Day-Ahead-Handel kann, wie der Name sagt, noch am Tag zuvor Strom beschafft werden. Im Intraday-Handel kann es sogar noch bis zu fünf Minuten vor Lieferbeginn zum Abschluss kommen.
Um die Handelsgeschäfte mit den physischen Stromflüssen abzugleichen, gibt es das Instrument der sogenannten Bilanzkreise. Ein Bilanzkreis besteht aus Einspeisestellen, wie Kraftwerken, und Entnahmestellen, den Kunden in der Regelzone. Der verantwortliche Energieversorger oder -händler fasst alle Geschäfte zusammen und muss im Markt genauso viel Strom gekauft oder erzeugt haben und einspeisen, wie er verkauft hat. Das heisst, er muss für eine ausgeglichene Leistungsbilanz sorgen.
Bahnt sich dennoch ein Ungleichgewicht im Netz an, etwa durch den unvorhergesehenen Ausfall eines Kraftwerks, dann kommt die Regelenergie zum Tragen. Sie wird an einem separaten Markt für unterschiedliche Regelzonen gehandelt. Regelenergie, die innert kürzester Zeit in das Netz eingespeist werden kann, liefert beispielsweise das Pumpspeicherkraftwerk Limmern der Axpo.