23.09.2020 | Diskussionsbeitrag zum neuen Energiegesetz/Teil 2

Höchste Fördereffizienz mit der gleitenden Marktprämie

Die Revision des Energiegesetzes ist komplex. In Diskussionen darüber kommt es oft zu Missverständnissen. So wird argumentiert, dass die Strombranche mit der Förderung von erneuerbaren Energien ein ordnungspolitisch schädliches und unwirksames System unterstütze. Unter Beschuss geraten ist auch die gleitende Marktprämie. Das sei ein Trick, das Marktrisiko auf den Staat zu überwälzen. Beides ist falsch. Dieser Beitrag soll helfen, die künftige Debatte auf ein konstruktives Fundament zu stellen. Der vorliegende Teil 2 befasst sich mit der gleitenden Marktprämie, der erste Teil diskutierte die Förderung erneuerbaren Energien.  

Die Mehrheit der Strombranche setzt sich für die gleitende Marktprämie als zukünftiges Förderinstrument ein. Bei der gleitenden Marktprämie wird dem Investor – im Falle eines erfolgreichen Zuschlages an der Ausschreibung – eine Mindestvergütung für seine Produktion garantiert. Fällt der Strompreis unter diese Mindestvergütung, wird die Differenz durch eine Förderzahlung ausgeglichen. 

Die Marktprämie hat gegenüber Investitionsbeiträgen einen – oft unerwähnten – entscheidenden Vorteil: die Fördereffizienz. Um die höhere Fördereffizienz der gleitenden Marktprämie zu verstehen, nimmt man am besten die Sicht eines Investors ein. Er weiss: Eine sehr risikoreiche Investition bedingt eine hohe Rendite; gleichzeitig begnügt er sich bei einer Investition mit tieferem Risiko mit einer tieferen Rendite.

Im zukünftigen Marktumfeld mit sehr volatilen Strompreisen ist die Investition in ein neues Kraftwerk eine enorm risikoreiche Investition. Damit investiert wird, muss also auch die erwartete Rendite entsprechend hoch ausfallen. Anders gesagt, der Investor preist eine Risikoprämie ein. Das bedeutet aber auch, dass Fördermittel entsprechend hoch angesetzt werden müssen, um überhaupt Investitionen auszulösen. 

Die gleitende Marktprämie stärkt nicht nur die Rentabilität der Investition, sondern sichert – im Gegensatz zu Investitionsbeiträgen – den Investor auch gegen einen Zerfall der Marktpreise ab und reduziert damit das Risiko der Investition. Durch diese Risikominderung wird der Investor auch bei einer tieferen erwarteten Rendite investieren und der entsprechende Förderbedarf fällt kleiner aus.

Investor bleibt im Risiko

Mit der gleitenden Marktprämie, so wird teilweise behauptet, würde sämtliches Marktpreisrisiko vom Investor auf den Staat übertragen. Die Annahme hinter dieser Aussage ist, dass der Investor seinen Gebotspreis – und damit seine Vergütung im Falle eines Zuschlages – so kalkuliert, dass er seine Kosten in jedem Fall amortisieren kann. 

Dies wäre aber nur der Fall, wenn der Investor etwaige Zusatzerlöse dem Staat zurückzahlen müsste. Kann der Investor Erlöse bei Strompreisen über seinem Zuschlag behalten, wird er seinen Gebotspreis unter die Kosten seiner Anlage senken. Würde er dies nicht tun, riskiert er den Zuschlag an einen Konkurrenten zu verlieren. Damit verbleibt aber logischerweise ein Teil des Risikos beim Investor und es kommt zu einer Risikoteilung zwischen Investor und Staat.

Optimale Anreize

An der gleitenden Marktprämie wird zudem kritisiert, dass sie keine Anreize für den optimalen Kraftwerkeinsatz liefere, da immer ein gewisser Preis garantiert werde. Bereits heute kennt die Schweiz die sogenannte Direktvermarktung, bei welcher der Produzent seinen Strom selbst am Markt absetzt und die Förderung im Nachhinein als Differenz zwischen einem Referenzmarktpreis und der garantieren Vergütung ausbezahlt wird. In einem solchen System hat der Produzent Anreize, sein Kraftwerk optimal zu fahren, da er mindestens den Referenzmarktpreis erwirtschaften muss, um zusammen mit der Förderung die zugesprochene Vergütung zu erreichen. 

Zu Fehlanreizen könnte es höchstens bei negativen Strompreisen kommen, was sich aber mit einer geeigneten Ausgestaltung des Förderinstruments verhindern lässt, zum Beispiel durch Aussetzen der Förderzahlung bei Negativpreisen. 

Die gleitende Marktprämie kann schliesslich so ausgestaltet werden, dass sie Anreize zur zusätzlichen Winterstromproduktion liefert. Beispielsweise könnte die Vergütung im Winter um einen vordefinierten Faktor erhöht werden, wodurch Anlagen mit Winterproduktion besseren Chancen hätten, den Zuschlag an der Ausschreibung zu erhalten. Da der Zubau von Winterproduktion für die Versorgungssicherheit der Schweiz entscheidend sein wird, sollten entsprechende Anreize auch in den Förderinstrumenten abgebildet werden.

Fazit

Für eine sachliche Debatte ist entscheidend, dass die Vor- und Nachteile möglicher Förderinstrumente korrekt dargestellt werden. Zusätzlich gilt es die Frage zu stellen, welches Instrument mit den wenigsten Mittel am meisten Ausbau erzeugt, also über die höchste Fördereffizienz verfügt. Mit der Forderung nach einer gleitenden Marktprämie rückt die Strombranche deren hohe Fördereffizienz durch Risikoteilung zwischen Investor und Staat in den Fokus. Entscheidet sich der Bund gegen eine Risikobeteiligung wird er den politisch gewünschten Zubau nur durch höhere Förderbeiträge realisieren können.

Fabian Feger, Regulatory Manager Axpo

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