12.09.2023 | Monatliches Update europäische Energiemärkte, September 2023

Verschiebung der Märkte in Richtung Baisse

Die europäischen Energiemärkte beenden den Sommer mit einem grundsätzlich pessimistischen Ausblick, wobei sich die Lage bei der Versorgungssicherheit weiter entspannt.

Die Gasbestände wurden auf die höchsten Stände aufgefüllt, die bisher für diese Zeit im Jahr verzeichnet wurden. Die Kohlebestände lagen derweil weiter nah am Fünfjahresdurchschnitt. Auch die Hydrospeicher wirkten als zentraler Baissefaktor, da die starken Niederschläge Ende August die Wasserbilanzen europaweit verbessert haben. In der nordischen Region führten die extremen Regenfälle zu Negativrekorden bei den Spotpreisen und einer schnellen Auffüllung der norwegischen Hydrospeicher. Bei einigen wurde sogar die Höchstkapazität überschritten, sodass sich die Aussichten auf höhere Exporte nach Kontinentaleuropa im nächsten Winter verbesserten. Parallel dazu produzieren mehrere französische Kernreaktoren, die aufgrund von Korrosionsproblemen lange vom Netz getrennt waren, wieder für den Markt. Dadurch legte der Überschuss bei der Kernenergieproduktion im Jahresvergleich erheblich zu, sodass in der Folge die sehr hohen Risikoprämien auf französische Strom-Winter-Kontrakte in den letzten zwei Monaten deutlich nachgaben, und die Notierungen um mehr als 100 EUR/MWh sanken.

Trotz dieser Baissetendenz zeichneten sich im August mögliche Engpässe ab, die die Widerstandskraft der europäischen Energiemärkte erneut auf die Probe stellten. Die Aussicht auf Streiks in den australischen LNG-Exportanlagen führte zu Versorgungsunsicherheiten auf dem globalen Gasmarkt, denn ein Grossstreik könnte das globale LNG-Angebot um 7 % schrumpfen lassen. Europäische Gaspreise legten dadurch in der ersten Augusthälfte kräftig zu. Europa importiert kaum australisches LNG, aber Käufer in Asien müssten Ersatz beschaffen und könnten so den Wettbewerb zwischen Asien und Europa verschärfen. Auch wenn die Möglichkeit eines Streiks (bei Redaktionsschluss) nach wie vor besteht, wären die Folgen für die europäischen Gasbilanzen angesichts der grosszügigen Gasbestände begrenzt. Hinzu kam, dass die jährliche Wartung sowie Ausfälle, die sich auf die norwegischen Gasflüsse auswirkten, das Gasangebot in Europa begrenzten und Engpässen Vorschub leisteten. Diese wurden bisher jedoch problemlos durch die europäischen Gaslager abgefangen.

Was die Kohleversorgung betrifft, verschärften hohe chinesische Importe und reduzierte kolumbianische Exportmengen die globale Versorgungslage. Der Baisseeffekt wurde jedoch durch höhere Exporte aus Indonesien und Australien abgeschwächt. Wettbewerbsfähige Gaspreise, ein verbessertes Atomstromangebot und ein anhaltender Nachfragerückgang begrenzten jedoch den Kohleverbrauch, sodass wenig Spielraum für deutliche Steigerungen der Kohlepreise bestand. Angesichts aller genannten Baissetrends bewegten sich die EUA-Preise im Wesentlichen im Preiskorridor von 85–90 EUR/t, wobei die saisonal verringerten Auktionsmengen im August kurzzeitig als unterstützender Faktor hinzukamen. Anfang September warten die Märkte ab, ob die fast vollständig aufgefüllten europäischen Gasbestände einen Anreiz für weitere Marktanpassungen darstellen, beispielsweise in Form einer stärkeren Nutzung ukrainischer Speicher oder eines Einbruchs bei den Gaspreisen aufgrund der sinkenden Einspeisekapazität. Das Risiko von Preissteigerungen besteht angesichts der Möglichkeit längerer LNG-Streiks in Australien und der bevorstehenden Hurrikansaison im US-Golf jedoch fort.

 

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