07.09.2017 | Schwankungen in Energieproduktion und -verbrauch ausgleichen
Was passiert wenn der Stromverbrauch plötzlich unerwartet stark zunimmt? Oder umgekehrt grosse, energieintensive Unternehmen ihre Produktion unvermittelt stoppen müssen? Dann kommt die Regelenergie zum Einsatz. Sie dient zum Ausgleich solch unvorhergesehener Schwankungen von Produktion und Verbrauch. Regelenergie? Hier wird's erklärt.
Weil sich Strom (noch) nicht in grossen Mengen speichern lässt, braucht es bei Produktion und Verbrauch ein konstantes Gleichgewicht. Dieses ist Voraussetzung für ein stabiles Stromnetz und sichert eine durchgehende Stromversorgung - bei einer Frequenz von 50 Hertz (Hz) in der Schweiz und Europa. Allerdings schwankt diese Frequenz: Denn ist der Verbrauch elektrischer Energie höher als die Produktion, ist sie tiefer als 50 Hz, ist der Verbrauch tiefer, dann ist sie höher.
In der Schweiz wacht die Netzgesellschaft Swissgrid darüber, die Abweichungen im Elektrizitätssystem auszugleichen und sorgt damit für ein stabiles Netz. Wann Sie eingreifen muss, kann man hier anschaulich sehen. Und wie die Frequenz gerade aktuell aussieht, findet man hier.
Schwankungen beim Strombedarf sind natürlich bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar. Ein höherer Verbrauch bei kaltem Wetter (Heizungen) und bei ganz heissem Wetter (Klimaanlagen), ein tieferer an Wochenenden, wenn deutlich weniger produziert und Büros geschlossen sind. Diese Schwankungen werden bei der Stromerzeugung und im ordentlichen Handel an den Strombörsen berücksichtigt.
Für die unvorhergesehenen Schwankungen dagegen braucht es sogenannte Regelenergie. Diese wird an einem separaten Markt für unterschiedliche Regelzonen gehandelt. Generell gibt es drei Arten von Regelenergie, auf welche die Netzgesellschaft bei Bedarf zurückgreifen kann. Die primäre Regelenergie dient zum sekundenschnellen Ausgleich von minimalen Schwankungen im Strommetz. Sie wird von den Anbietern, meist grossen Wasserkraftwerken, automatisch zur Verfügung gestellt und muss innert 30 Sekunden abrufbar sein. Die Beschaffung der für die Schweiz benötigten Primärregelleistung (+/- 68 MW) erfolgt mittels einer gemeinsamen, wöchentlichen Ausschreibung zwischen Österreich, Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz. Diese Kooperation wird als „FCR Cooperation“ bezeichnet.
Fällt ein Kraftwerk aus oder bezieht ein Industriebetrieb unerwartet viel Strom, kommt die Sekundärregelleistung ins Spiel. Die Sekundärreserve (+/- 400 MW) muss von den Übertragungsnetzbetreibern innerhalb von 5 Minuten bereitgestellt werden können, um die Primärreserve bei längeren Netzschwankungen abzulösen. Der Ausgleich solcher Schwankungen geschieht meist auf nationaler Ebene. Dazu kommt die Tertiärreglung, auch Minutenreserve genannt, welche innerhalb von 15 Minuten abrufbar sein muss.
Regelenergie ist logischerweise teurer als die normal an der Börse gehandelte Grundlast. Auch weil die technischen Anforderungen zur Bereitstellung von Primär- und Sekundärregelung recht hoch sind. Sie wird den Endkunden im Rahmen der Tarife für Netznutzungs- und Systemdienstleistungen in Rechnung gestellt.
Auch Axpo nimmt am Regelenergiemarkt (Systemdienstleistungsmarkt) in der Schweiz und in Europa mit ihren Kraftwerken teil. So ist Axpo beispielsweise in Italien an den drei Gas-Kombikraftwerken beteiligt. Mit Investitionen von rund 32 Mio. Franken wurden die beiden Werke Calenia und Rizziconi im letzten Jahr aufgerüstet. Dank einem flexibleren Einsatz der Gas-Kombikraftwerke lassen sich am Regelenergiemarkt so gute Erträge erzielen, wie erste Erfahrungen zeigen. Auch das neue PSW Limmern könnte für Axpo ein neuer Trumpf im Regelenergiemarkt der Schweiz und in Europa werden.
Mehr Informationen zum Thema Regelenergie und weitere gute Erklärungen zu Energiefragen gibt es hier im RP-Energielexikon.