07.03.2017 | Ex-Nati-Goalie Huber führt seit 2012 Axpo Fussballcamps für Kids
Sie sind ein Grosserfolg – die Axpo Fussballcamps – seit 5 Jahren. Die Camps für Kinder im Alter von 5 bis 16 Jahren finden im Frühling, Sommer und Herbst während den Schulferien statt. Über 4000 Mädchen und Buben sind an rund 40 Standorten in der Schweiz begeistert dabei. Ein Gespräch mit dem Fussballcamp-Pionier und ehemaligen Torhüter der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft Stefan Huber.
Stefan Huber, Sie haben vor fünf Jahren mit den Axpo Fussballcamps begonnen. Was hat sich heute im Vergleich zu damals am stärksten verändert?
Die wohl grösste Veränderung ist in der IT passiert. Beim Start waren wir noch mit Anmeldeformularen unterwegs und mussten Rechnungen verschicken, heute sind alle Prozesse automatisiert. Das hat es uns auch ermöglicht zu wachsen, weil nur so der administrative Aufwand zu bewältigen ist. Zudem machen wir auch mehr inhouse, etwa die Beschriftung der Trikots, welche wir den Kindern abgeben. Dadurch sind wir deutlich flexibler geworden.
Das spart sicher auch Kosten?
Das ist so. Das Geld setzen wir aber gerne anderweitig ein, beispielsweise bei der Rekrutierung von qualifizierten Trainern. Das ist mir wichtig.
Wie gross ist denn Ihre GmbH überhaupt?
Wir sind ein Kernteam von vier Personen mit Bernd (siehe Box) und mir für Administration, Marketing und Rekrutierung der Trainer. Zudem stehen pro Jahr punktuell über 100 Trainer im Einsatz.
Es gibt heute viele verschiedene Camp-Anbieter, da herrscht ein grosser Konkurrenzkampf. Wie heben Sie sich ab?
Wir finden Konkurrenz grundsätzlich gut. Wir bieten ja ein qualitativ hochstehendes Produkt an und die wöchentlichen Fussballcamps sind perfekt organisiert. Das hören wir dann auch immer wieder von Eltern, die ihr Kind mal zu einem anderen Veranstalter geschickt haben.
Perfekt organisiert? Wie äussert sich das?
Wenn ein Vater mit seinem Kind am ersten Tag ins Camp kommt, merkt er das gleich. Oft haben wir ja an einem Ort über 200 Kinder zusammen. Da steht dann alles schon bereit, die ganze Infrastruktur ist aufgebaut. Man kann sehen, was geübt werden soll und nach zwei Minuten stehen auch die Teams schon, jedes Kind weiss, wo es hingehört. Und bereits nach einer Stunde stehen die Kids voll ausgerüstet auf dem Platz und die Trainingseinheiten, die in einem 150-seitigen Handbuch vordefiniert sind, beginnen. Das zeichnet uns aus, weil wir mit eingespielten Teams arbeiten. Damit schaffen wir Mehrwert!
Das tönt alles nach straffer Organisation und hartem Training. Wo bleibt da der Fun?
Die gute Organisation ist wichtig und gibt den Eltern Sicherheit. Und wir haben klare Leitplanken für die Kinder. Aber Spass ist in den Camps natürlich auch gross geschrieben. Wir haben jeweils eine Musikanlage am Platz, da können die Kids in der Pause auch mal abtanzen, man kann Torwand schiessen oder die Geschwindigkeit seines Schusses messen. Bei den 5 und 6 Jahre alten Teilnehmern steht der Spass, der spielerische Umgang mit dem Ball, ohnehin im Vordergrund.
Und bei den Älteren?
Die wollen – so das Feedback – vor allem gut trainieren und ihre fussballerisches Können verbessern. Deshalb sind die Teams nach Leistungsniveaus zusammengesetzt, damit die Kinder wirklich profitieren.
Wie viele Trainer sind denn bei 200 oder 300 Kindern auf den Plätzen?
Ein Trainer betreut bei uns maximal 12 Kinder.
Die Camps sind sehr erfolgreich, 2012 waren 2500 Kinder dabei, heute sind es über 4000. Ein Plus von 60 Prozent. Jetzt expandieren die Axpo Fussballcamps in die Westschweiz. Was bringt das?
Rein von den Teilnehmerzahlen noch nicht sehr viel, das sind eher Promo-Camps mit rund 40 Teilnehmern. Aber das ist natürlich ausbaufähig, da gibt es noch viel Potential. In der Deutschschweiz sind wir bezüglich Standorten und Kindern mehr oder weniger am Limit. Da brauchen wir wenig Promotion, trotz Konkurrenz. Das zeigen auch unsere Buchungsstände, Wil etwa ist mit 120 Teilnehmenden bereits ausgebucht und auch anderswo ist der Stand der Anmeldungen sehr gut. Wir werden die Resultate von 2016 in diesem Jahr erneut übertreffen.
Und wo ist die Grenze?
Von der Grösse des Teams und der Qualität der Trainer und der Camps, die wir haben wollen, ist die bald einmal erreicht. Mehr als 5000 Kinder pro Jahr liegen wohl nicht drin. Das ist unsere Zielsetzung, die wir bis in drei Jahren erreichen möchten.
Viele Ihrer Trainer kommen aus Deutschland. Gibt das keine Akzeptanzprobleme?
Das ist sehr unterschiedlich, je nach Ort, wo das Camp stattfindet. Am rechten Zürichsee-Ufer gibt es schon mal Kommentare. Aber generell ist das kein Problem. Das Positive daran ist, dass wir nicht auf die lokalen Trainer zurückgreifen, mit denen die Kinder das ganze Jahr trainieren. Das bringt neue Perspektiven für die Kids. Bei den ganz Kleinen setzen wir sowieso voll und ganz auf Trainer, die Schweizerdeutsch können, damit sie auch verstanden werden.
Mit wem arbeiten Sie bei den Camps zusammen? Fussballvereine, Sportämter?
Wir arbeiten mit den lokalen Fussballclubs zusammen, mit Behörden nur am Rande. Wir wollen die Vereine auch einbinden, gemeinsam mit ihnen auftreten. Der Aufwand für die Clubs dafür ist aber klein, wir brauchen einfach eine Kontaktperson, dann läuft alles von alleine.
Also keine Win-Win-Situation?
Doch, doch. Es gibt einen Bonus für die Clubs. Und die Vereine, die Helfer stellen wollen, können auch profitieren, indem sie etwa das Catering am Schlusstag – bei dem auch die Eltern dabei sind – übernehmen. Oder sogar ganz für die Verpflegung von Trainern und Kindern sorgen und so etwas Geld für die Vereinskasse erarbeiten können.
Die Camps mit 500/600-Kindern finden in einer sehr kurzen Zeit während den Ferien statt. Wie schafft man das logistisch?
Indem wir die Lagerkapazitäten stark erhöht haben und sehr viel inhouse machen. Dadurch können wir ohne Hilfe Dritter alles direkt in die Camps liefern.
Wie hoch sind die Ansprüche von Eltern und Kinder an die Camps? Und wie stark muss man erzieherisch eingreifen?
Auch das ist regional unterschiedlich, Kinder aus städtischen Gebieten sind eher forsch, die muss man eher bremsen als jene auf dem Land. Zentral für mich ist, dass die Eltern am Schluss der Woche das Gefühl haben, alles sei perfekt organisiert abgelaufen. Das ist das beste Feedback, bei den Kindern kommt man ja eh mit, dass sie Spass haben.
Auch auf die Gesundheit der Kinder muss man acht geben, gerade an einem heissen Sommertag, oder?
Das ist elementar. Sie müssen genug trinken, sich mit einem Hut gegen die Sonne und mit Sonnencreme, die wir gratis abgeben, gegen Sonnenbrand schützen. Da sind wir sehr diszipliniert. Das gehört zu unserer Gesamtverantwortung, schliesslich sind die Kinder den ganzen Tag in unserer Obhut.
Und wie viele Unfälle gibt es?
Also grössere Verletzungen wie Knochenbrüche vielleicht zwei bis drei pro Jahr. Unsere Trainer haben alle einen Nothelferkurs absolviert, damit sie wissen, wie im Notfall zu handeln ist. Das gehört zu unserer Schulung, zur Qualität der Trainer.
Die Camps sind für Kinder im Alter zwischen 5 und 16 Jahren...
...das ist die Bandbreite, die meisten der Kinder sind aber 7-9 Jahre alt. Das ist auch eindeutig unsere Zielgruppe, also Kinder welche richtig motiviert sind. Die älteren, ab 12/13, bringen dies – wegen der Pubertät – nicht immer mehr so 100 Prozent mit.
Wie sieht es mit Mädchen aus?
Mädchen machen immerhin 10 Prozent aller Teilnehmenden aus. Interessant ist: Melden sich Mädchen an, dann immer gleich zusammen mit Kolleginnen, einzelne Anmeldungen gibt es nicht.
Sie setzen bei den Fussballcamps auf langjährige Partner. Wie wichtig ist das für Sie?
Sehr. Ich bin froh mit Axpo eine solche Partnerschaft zu haben, mittlerweile ist der Name Axpo Fussballcamps ein Begriff, da braucht es nicht lange Erklärungen, man weiss, wofür die stehen. Entsprechend ist ein langfristiges und nachhaltiges Engagement der Sponsoren für mich natürlich sehr positiv, das schafft Mehrwert. Zudem helfen die Sponsoren mit, dass wir die Campbeiträge der Kinder moderat gestalten können. Sie sind in den letzten Jahren nur um zehn Franken gestiegen.
Und der Job? Macht er Ihnen immer noch Spass?
Ja sehr. Ich hätte auch andere Möglichkeiten gehabt, aber letztlich ist das Projekt einfach toll. Man hat mit Kindern, Eltern, Vereinen und Sponsoren zu tun. Daraus ergeben sich vielfältige Aufgaben, auch im Marketing. In der Westschweiz leite ich zudem selber Camps und stehe wieder direkt auf dem Platz.
Zum Schluss noch ein zwei Fragen zum Schweizer Fussball. Wie sehen Sie den?
In der Super League ist sicher Basel das Mass aller Dinge. Da wurde sehr gute Arbeit geleistet. International stösst aber auch der FCB an seine Grenzen. Das zeigt, wo der Schweizer Fussball im europäischen Kontext steht: wir sind bloss Durchschnitt. Die Schweiz muss deshalb auf ihre Stärken setzen. Wir sind und bleiben ein Ausbildungsland. Wir haben ja über 100 Schweizer, die im Ausland spielen. Wären die in der Liga, wäre die Qualität hierzulande deutlich höher. Aber finanziell kann die kleine Schweiz diese Spieler halt nicht halten. Das können wir nicht ändern.
Und was sagen Sie zu Ihren anderen Ex-Clubs GC und Lausanne?
GC war lange auf dem richtigen Weg mit der Ausbildung und Integration von jungen Talenten. Ich hoffe, sie bleiben sich selber treu, trotz des Drucks den sie aktuell aufgrund des missglückten Starts in die zweite Hälfte der Meisterschaft haben. Aber ich glaube, GC wird sich in der Super League halten können, trotz des Abgangs von Kim Källström. Immerhin ist Munas Dabbur jetzt zurück, der wird die Torflaute von GC sicher überwinden.
Und Lausanne?
Die haben einen super Trainer mit Fabio Celestini, allerdings bloss ein sehr beschränktes Budget und ein dünnes Kader – auch mit den Zuschauern ist es in Lausanne nicht ganz einfach. Lausanne wird weiter Hochs uns Tiefs erleben, das geht nicht anders bei dieser Konstellation. Aber auch sie werden den Ligaerhalt schaffen.
Das heisst Vaduz steigt ab?
Nein, ich denke eher dieses Jahr könnte es den FC Thun erwischen. Wir werden sehen...
Stefan Huber ist 51-jährig, verheiratet und Vater dreier Kinder. Er wohnt in Zürich und ist seit 2012 Geschäftsführer der Pro Fussballevent GmbH. Huber kennt man vor allem aus seiner Aktivzeit als Torhüter in der NLA. Seine Karriere begann er beim Grasshopper Club Zürich im Jahr 1984. Sein Spitzname war „Panther“. Seine sehr schnellen und reflexartigen Reaktionen auf der Linie waren legendär. Weitere Stationen waren der FC Lausanne Sports ab Saison 1988, in der Saison 1993 unterschrieb er beim damaligen Nationalliga A-Aufsteiger FC Basel. Später hütete er wieder das Tor von GC und beendete seine aktive Fussballkarriere 2002. Danach arbeitete er als Goalie-Trainer sowie später in der Marketingabteilung von GC und war beim Aufbau von Fussballcamps für Kinder beteiligt. Mit seinem jetzigen Geschäftspartner Bernd Voss gründete er 2012 die Pro Fussballevent GmbH.
Huber spielte, zwischen 1991 und 1999, 16 Mal für die Schweizer Fussballnationalmannschaft und feierte mit dem Grasshopper Club Zürich den Schweizer Meister Titel in der Saison 2000/2001.
Was ist für Sie typisch schweizerisch?
Strukturiert und eher zurückhaltend zu sein
Traumberuf:
Wer sein Hobby in Sport, Kunst oder Musik zum Beruf machen kann, hat ihn!
Was bedeutet für Sie Heimat?
Die Stadt Zürich
Liebster Künstler:
Stephan Schmidlin (Komiker/Sculpteur)
Lebensmotto:
Wenn du willst, dass etwas passiert, dann mach es selber
Lieblings-Gadget:
Mein Smartphone, das leider viel zu oft kaputt geht
Die wichtigste Erfindung der letzten 100 Jahre?
Technische Entwicklungen, Waschmaschine, Internet
Liebstes Reiseland:
Asien
Lieblings-Fussballclub:
FCB, den aus Barcelona meine ich
Sportidol:
Da gibt es viele: von Muhammed Ali über Pele, Zidane, Sepp Maier bis zu Roger Federer. Das sind alles Ausnahmekünstler
Lieblings-Musik:
RNB und Soul
Wer wären Sie gerne einen Tag lang?
Der Mann von Julia Roberts
Lieblingsessen:
Ein gutes Stück Fleisch mit einem Glas guten Roten
Was kochen Sie?
Alles – ich bin ein Künstler in der Küche. Das freut meine Frau!