03.04.2018 | Intelligente Netze und ihre Bedeutung für die Schweiz

Das Netz der Zukunft ist smart

Smart Grid, das "intelligente Netz", steht für ein Paket an IT-Technologien, welche das Stromnetz sicherer, flexibler, effizienter und auch wirtschaftlicher machen können. Smart Grid soll zudem die zentrale Rolle bei der Aufnahme des wachsenden, aber unregelmässig anfallenden Anteils an erneuerbaren Energien (Photovoltaik/Wind) spielen.

Was hat die Kapazität der Schweizer Stromnetze mit der Energiestrategie 2050 zu tun? Viel! Bislang dominieren hierzulande Stromnetze mit zentraler Stromerzeugung. Der in Grosskraftwerken (Kernenergie und Wasserkraft) produzierte Bandstrom wird ins Hochspannungsnetz eingespeist und über verzweigte Mittel- und Niederspannungsnetze zum Endverbraucher geleitet. Flexiblere Kraftwerke (Speicher-, Pumpspeicher) produzieren bei hoher Nachfrage und drosseln oder stellen bei geringem Stromverbrauch ihre Produktion ein. So entspricht die produzierte Menge Strom stets dem verbrauchten Strom. Wird dieses Gleichgewicht gestört kommt es zum Netzabfall, bis hin zu einer Stromunterbrechung.

Vermehrt dezentral

Diese Struktur von Produktion und Verbrauch soll sich aufgrund der Energiestrategie 2050 ändern. Mehr und mehr soll Strom dezentral in Windkraftanlagen oder mittels Photovoltaik erzeugt werden. Das stellt auch die bestehende Netzinfrastruktur vor grosse Herausforderungen. Bleiben wir beim bisherigen System, wäre ein teurer und starker Ausbau der Netze notwendig.

Es gibt aber auch flexiblere und kostengünstigere Lösungen: "Bei Bedarf könnten intelligente Netze ihre Kapazitäten erhöhen und so auf die zu-, respektive abnehmenden Mengen eingespeister erneuerbarer Energien reagieren", erklärt Pascal Previdoli, Stellvertretender Direktor im Bundesamt für Energie (BFE). "Wenn wir Transformatoren, Produktion und Verbrauch clever steuern, machen wir weitere Effizienzgewinne möglich: Plötzlich spielen Geräte, Elektroautos und Häuser zusammen und werden zu Smart Applications, Smart Home und sprechen mit dem Smart Grid. Smart Metering – intelligente Messgeräte im Haus – liefern wichtige Informationen für Verbraucher und Netzbetreiber". (siehe Box)

Wie ein Smart Grid funktioniert, kann man hier sehen:

Smart Meter

Mit sogenannten Smart Meters lässt sich der Energiebedarf von Konsumenten vollautomatisch erfassen, weiterverarbeiten und abrechnen. In diesem Bereich ist auch die CKW tätig. Beispielsweise als Dienstleisterin für Eigenverbrauchsgemeinschaften, die mit Solaranlagen selber Strom produzieren (Eigenverbrauchsgemeinschaften) installiert sie die intelligenten Stromzähler, liest die Energiedaten der Mieter vollautomatisch aus und erstellt für jede Partei eine genaue Nebenkostenabrechnung. Die Mieter können über eine App ihren Stromverbrauch live mitverfolgen und so beispielsweise Stromfressern auf die Schliche kommen. Die Smart Meter sind somit ein erster Schritt zu einem smarten Zuhause, das sich durch Energieeffizienz auszeichnet.

Allerdings liefern grossflächige Studien über den Einsatz von intelligenten Stromzählern beim Thema Strom sparen eher ernüchternde Ergebnisse. Die Einsparungen liegen im Schnitt nur gerade bei zwei Prozent des Stromverbrauchs eines Haushaltes. Ähnliche Erfahrungen hat man auch bei den CKW gemacht. "Smarte Technik braucht smarte Nutzer", sagt deshalb Verena Tiefenbeck von der ETH Zürich (hier geht’s zu ihrem Blogbeitrag). Sie glaubt, die Sozialwissenschaft en könnten hier helfen und die Menschen befähigen, Sparpotenziale zu erkennen und zu realisieren.

Neue Anforderungen

Dabei muss das Stromnetz der Zukunft verschiedene, neue Dinge können, wie man auch im Swiss-Energyscope der ETH Lausanne (EPFL) nachlesen kann:

  • Es muss Strom in beide Richtungen transportieren und den von vielen Kleinerzeugern am Ende der Leitungen produzierten, fluktuierenden Strom auf die Mittel- und Hochspannungsebene bringen können.
  • Es braucht Speicherkapazitäten für Stromüberschüsse auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene.
  • Es braucht eine flexiblere Produktion durch eine Echtzeit-Anpassung der Stromerzeugung kleiner Anlagen wie Wärmekraftkopplung, Klein-Laufwasserkraftwerke, etc., die zu dynamisch fernsteuerbaren "virtuellen Kraftwerken" zusammengefasst werden.
  • Die Nachfrage nach Strom muss flexibler gestaltet werden. Und zwar durch bessere Laststeuerung, Lastmanagement bzw. Demand Side Management.
  • Es braucht eine stärkere Automatisierung der Netze.

Das Schweizer Stromnetz umfasst 250'000 Kilometer Leitungen im Mittel- und Niederspannungsnetz sowie 6800 Kilometer beim Höchstspannungsnetz (380 und 220 Kilovolt) , rund vier Millionen angeschlossene Nutzer und gegen 100‘000 dezentralisierte Produktionsanlagen. Entsprechend braucht es für die Sammlung und das Management von Millionen von Daten über den Netzzustand in Echtzeit fortgeschrittene Technologien. Mittels Algorithmen werden die Informationen dezentral oder zentral bearbeitet. Das intelligente Stromnetz geht so quasi eine "Symbiose mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien ein", umschreibt es die nationale Netzgesellschaft Swissgrid. Die Gesamtheit dieser Technologien wird als Smart Grid bezeichnet.

Mehr Informationen zum Thema findet sich im Weissbuch Smart Grid Vol. 2 des Vereins Smart Grid Schweiz, dem unter anderem auch die Axpo Tochter CKW angehört.

Die Kosten

Die Kosten der Modernisierung des Schweizer Stromnetzes werden auf 20 bis 30 Milliarden Franken in einem Zeitraum von 20 bis 30 Jahren geschätzt, d. h. etwa 1 Milliarde Franken pro Jahr. Diese Ausgaben werden wie bis anhin die Verbraucher über ihre Stromrechnung finanzieren müssen. Das würde sich in einer Preiserhöhung von 1 bis 2 Rappen pro kWh niederschlagen.

Gemäss Angaben der Branche schätzt die ETH Lausanne dabei den Anteil für die Smart-Grid Technologien, um das Netz "intelligent" zu machen, auf 5 bis 8 Milliarden Franken.

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