06.08.2020 | Empa fordert anwendungsnahere Forschung

Die Suche nach der Superbatterie

Batterien sind eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende. Ihr Bedarf für die Speicherung von erneuerbaren Energien wird massiv steigen. Lithium-Ionen-Batterien sind derzeit der unbestrittene Marktführer. Weltweit wird aber nach umweltfreundlicheren Baustoffen geforscht. Gibt es da bereits taugliche Alternativen? Forschende der Empa und der ETH Zürich ziehen Bilanz – und zeigen Schwachstellen der neuen Technologien auf.

Die Energiestrategie 2050 sieht einen Ausstieg aus der Kernenergie und den Zubau von erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne vor. Weil diese Energie allerdings volatil ist, steigt in Zukunft auch der Bedarf an preisgünstigen, ortsfesten Speicherbatterien stark an. Derzeit setzt die Branche in erster Linie auf Lithium-Ionen-Batterien (LIB). Forschende aus aller Welt suchen aber nach umweltfreundlicheren Alternativen.

Die Empa- und ETH Zürich-Forscher Kostiantyn Kravchyk und Maksym Kovalenko haben sich mögliche Alternativen zum Lithium-Ionen-Akku genauer angeschaut. Sie haben Dutzende Veröffentlichungen von Forschungsgruppen weltweit studiert und systematisch eigene Versuche angestellt. Ihre Einschätzungen wurden unter anderem im Fachblatt «New Journal of Chemistry» veröffentlicht, wie die Empa auf ihrer Webseite schreibt.

Alternative Natrium?

Eine Batterie, bei der Lithium durch Natrium ersetzt wird und die im Prinzip wie eine LIB funktioniert, wäre eine naheliegende Alternative. Der Vorteil: Natrium ist als Rohstoff nachhaltig und überall auf der Welt zugänglich, steckt er doch im Meerwasser oder in unterirdischen Salzstöcken. Weil ein Natrium-Ion 50 Prozent grösser ist als ein Lithium-Ion sind die Materialien an der Kathode elektrochemisch weniger stabil und hält viel weniger Ladezyklen aus als vergleichbare LIB. Damit ist der Kostenvorteil bei der Gewinnung des Rohmaterials dahin.

Probleme gibt es laut den Forschenden auch beim Anoden-Material. Graphit, wie bei den LIB, ist für die Natrium-Batterie unbrauchbar. Versuche mit preisgünstigem Zinn, Antimon oder Phospor ergeben gute Ergebnisse beim Speichern elektrischer Ladung, doch beim Aufladen vergrössert sich das Volume der Anode um das Dreifache, was die mechanische Stabilität der Batterie verringert. Und: Bei Erschütterungen zerfällt das geblähte Material leicht, die Batterie geht kaputt.

Schwächen bei Aluminium und Magnesium

Als Alternative zu LIB arbeiten Forschende auch mit Magnesium, das günstig erhältlich und ungiftig ist. Zwar lässt sich auf der Anodenseite metallisches Magnesium direkt einsetzen und man braucht kein Graphit. Die hohe elektrische Ladung des Magnesium-Ions bringt Nachteile auf der Kathodenseite. Diese Batterie kann deshalb nur in einem kleinen Spannungsbereich genutzt werden, wenn sie lange halten sollen. Und: Sie ist nicht schnellladefähig und sehr ineffizient.

In grösseren Mengen verfügbar und ungiftig: Das gilt auch für Aluminium. Aufgrund ihres chemischen Funktionsprinzips wird eine Aluminium-Graphit-Batterie aber rund 5x schwerer als eine vergleichbare LIB. Weil sich die Graphit-Kathode beim Laden auf ihr zweifaches Volumen aufbläht, brauchen solche Batterien flexible Aussenhüllen. Zudem wirkt sich die „Blähung“ negativ auf die Langzeitstabilität der Batterie aus.

Top bei der Energiedichte

Ob sich eine dieser alternativen Batterie-Technologien durchsetzen wird und die LIB in gewissen Bereichen ersetzen kann, ist noch unklar. Vor allem Systeme mit Graphit als Kathode sind gemäss Empa- und ETH-Forschern interessant. Klar ist aber auch: keine der untersuchten Technologien können bezüglich Energiedichte mit den Lithium-Ionen-Akkus mithalten.

Die alternativen Batterien seien deshalb nur für Anwendungen denkbar, bei denen Elektrizität möglichst preisgünstig gespeichert werden soll und der Fokus auf der umweltfreundlichen Herstellung der Batterien liegt. Zudem brauche es für alternative Batterien ein völlig neues Batteriemanagement – die Leistung von Aluminium-Graphit-Elektroden steigt beispielsweise deutlich, wenn sie auf 10 Grad Celsius abgekühlt werden oder kann durch ein stufenweises Aufladen um bis zu 25 Prozent gesteigert werden.

Umdenken gefordert

Bis zum Durchbruch alternativer Batterien gibt es für die Forschungsgruppen weltweit also noch viel zu tun. Die Forschenden von Empa und ETH wünschen sich dabei einen ganzheitlicheren Ansatz. «Oft wird in der Forschungswelt mit einem Experiment nur die Machbarkeit einer Idee bewiesen – die Kosten für alle nötigen Bauteile und das voraussichtliche Gesamtgewicht des kompletten Batteriesystems werden dagegen vernachlässigt», sagt Kravchyk. Genau diese Parameter sind aber entscheidend für eine mögliche Kommerzialisierung.

Mehr zum Thema finden Sie in diesem Fachartikel.

Lithum-Ionen-Batterien

Die erste Lithium-Ionen-Batterie (LIB) wurde 1991 von Sony auf den Markt gebracht. Entscheidend für die Leistung des Akkus der LIB ist dabei die Kathode und ihr Material. Heute wird ein substanzieller Teil der Kathoden aus Lithium-Kobaltoxid gefertigt, da dieses die hohe Speicherdichte garantiert. Aber: Kobalt ist giftig und teuer und wird teilweise durch Kinderarbeit gewonnen.

Die Lithium-Ionen-Technologie hat sich seit 1991 stark entwickelt und die Kapazität der Lithium-Ionen-Batterie hat sich seither verdreifacht. Die Zahl der Ladezyklen ist von einigen Dutzend auf mehrere tausend bis zehntausend gestiegen. Und die Kosten sind auf ein Zwanzigstel gesunken. Dennoch wird das Kobalt in der Kathode für Probleme sorgen, nicht nur wegen seiner Giftigkeit.Denn Kobalt ist relativ selten und vorwiegend in Kongo oder Sambia zu finden. In den letzten zwanzig Jahren stieg die Kobaltförderung um das Fünffache, das Element wird auch für die Produktion von Stahl benötigt. Wenn das so weitergeht, wird Kobalt in wenigen Jahrzehnten zur unbezahlbaren Mangelware. Deshalb suchen Forschende nach Alternativen zu LIB. 

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