09.05.2018 | Elblox – der neue Online-Handelsplatz für lokalen Ökostrom

Strom direkt vom Erzeuger

Ganz einfach umweltfreundlichen Strom aus der Solaranlage des Nachbarn, aus der Biogasanlage des örtlichen Bauernhofs oder aus dem Windrad des lokalen Anbieters bestellen: Axpo setzt diese Zukunftsvision unter dem Namen Elblox gemeinsam mit einem Stadtwerk in Deutschland in die Tat um.

Im regionalen Lebensmittelhandel ist es schon gang und gäbe, dass sich Verbraucher beim Biobauern um die Ecke mit leckerem Gemüse eindecken, um ihren Tages- oder Wochenbedarf zu stillen. Was bei Kartoffeln, Karotten und Salat möglich ist, muss doch auch für Strom aus erneuerbaren Quellen klappen – quasi „Strom direkt vom Erzeuger“ also. Genau das dachten sich vier Axpo Mitarbeiter aus unterschiedlichen Unternehmensbereichen, und setzten im Rahmen eines konzernübergreifenden Projekts die Elblox Plattform auf. Ein Paradebeispiel dafür, wie Innovation bei Axpo gelebt wird.

Yves Schönenberger, der bei Axpo Trading das Team für Marktanalyse leitet, erläutert: „In meiner Funktion bei Axpo Trading setze ich mich tagtäglich damit auseinander, wie der internationale Stromhandel funktioniert, was ihn beeinflusst, welche Entwicklungen sich anbahnen und was in Zukunft möglich sein könnte. Dabei ist offensichtlich geworden, dass die zunehmende Digitalisierung und Dezentralisierung bereits heute einen gewaltigen Einfluss hat, der sich in den kommenden Jahren noch weiter akzentuieren wird."

Disruption bald auch im Stromhandel?

Konkret geht es darum, dass im Energiehandel – wie in anderen Branchen auch – bisherige Geschäftsmodelle aufgrund der Digitalisierung mit neuen, schnelleren und einfacheren Lösungen in Konkurrenz treten, die dem Markt gänzlich ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Man denke etwa an den Buchhandel oder den Kauf von Klamotten – Amazon und Zalando lassen grüssen...

Wie weit das dereinst führen könnte, zeigt Alexander Gifon, Senior Manager Mergers & Acquisitions bei Axpo, auf: „Im Rahmen unseres Projekt-Teams sind wir zur Erkenntnis gelangt, dass die heutige Wertschöpfungskette mit mehreren Handels- und Prozessstufen zwischen Stromkonsumenten und Stromproduzenten irgendwann überhaupt nicht mehr notwendig sein könnte. Diese Entwicklung wäre absolut disruptiv für den Energiehandel, sie dürfte den ganzen Bereich fundamental verändern. Die Produzenten und Konsumenten werden auf eine neue Art miteinander vernetzt."

Da liegt es auf der Hand, dass Axpo als grösste Schweizer Produzentin von erneuerbaren Energien und europaweit führende Stromhändlerin an vorderster Front dabei ist, um die Veränderung aktiv mitzugestalten. Ivo Müller, Leiter Netzbetrieb bei Axpo, sagt über die Motivation des Elblox Teams: „Mir war sofort klar, dass diese Entwicklung nicht nur für den Handel, sondern auch für die Netzstabilität grosse Auswirkungen haben wird. Die Prozesse mit den Akteuren im Strommarkt müssen neu gestaltet werden, ohne die  regulatorischen Rahmenbedingungen zu verletzen. Es wäre fatal, wenn Axpo als führendes Energieunternehmen hier nur zuschauen und abwarten würde. Viel lieber wollen wir die Zukunft selbst gestalten. Darum haben wir uns im Projekt-Team gesagt: Lasst uns das gemeinsam anpacken und vorantreiben."

Die Blockchain macht’s möglich

Aber wie genau soll das überhaupt gehen, dass in Zukunft ein Stromkonsument seinen Strom-Mix selbst zusammenstellt und entscheidet, von wem er wie viel Kilowattstunden bezieht?

Der Vierte im Bunde des Elblox Teams, Controlling-Leiter Mario Zoppe von der CKW, erklärt: „Es ist vor allen Dingen der Blockchain-Technologie zu verdanken, dass sich der Strom in absehbarer Zeit direkt beim Produzenten bestellen lassen wird. Elblox setzt auf den Trend der Digitalisierung und Automatisierung entlang der Wertschöpfungskette im Stromhandel, da sehen wir von der Produktion bis zur Abrechnung viel Potenzial. In Zukunft sprechen die Kunden direkt mit den Produzenten – und die Systeme führen aus."

Elblox betreibt eine Blockchain-basierte Peer-to-Peer Plattform, die den personalisierten Vertrieb von Strom zwischen dezentralen Produzenten von erneuerbaren Energien und potenziellen Konsumenten auf lokaler Basis ermöglicht. In der Plattform laufen dabei sämtliche Daten in Bezug auf Produktion, Verbrauch und vertragliche Beziehungen zwischen den Teilnehmern der Plattform zusammen. Die Blockchain stellt sicher, dass die Informationen zur Produktion und deren Vermarktung für jede Anlage dokumentiert sind. So lässt sich jede produzierte kWh eindeutig einem Verbraucher zuordnen – der Herkunftsnachweis ist gewährleistet, der grüne Strom erhält ein Gesicht.

Start in Wuppertal

Um Elblox marktreif zu machen, hat sich das Projekt-Team einen Partner gesucht: Die Wahl fiel auf die Wuppertaler Stadtwerke (WSW), da diese in diesem Bereich ebenfalls  Pionierarbeit geleistet haben und sich der deutsche Markt aufgrund der dortigen Strommarktliberalisierung besonders gut für den Elblox Markteintritt eignet.

Die WSW bieten ab sofort unter der Internetadresse www.wsw-talmarkt.de eine Internetplattform an, auf der Betreiber von Solarstrom-, Windkraft- und anderen erneuerbaren Anlagen ihren Strom anbieten und umweltbewusste Verbraucher diesen kaufen können. „Die Besonderheit unseres Angebots ist, dass der Energiehandel lokal begrenzt ist“, erläutert WSW-Vertriebsleiter Andreas Brinkmann. „Der Strom kommt aus Wuppertal bzw. ausgewählten regionalen Anlagen und kann auch nur von Wuppertalerinnen und Wuppertalern gekauft werden".

Die Vorteile für die Nutzer liegen auf der Hand: Sie haben nicht nur die Gewissheit, umweltfreundlichen Strom zu erhalten, der zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien stammt, sondern können auch selbst entscheiden, aus welchen Anlagen in ihrer Nachbarschaft der Strom stammt. Attraktiv ist der Tal.Markt auch für Produzenten, denn über die Plattform können sie ihren Strom profitabel vermarkten. Die Bedeutung solcher Vertriebskanäle wird zukünftig für die Anlagenbetreiber steigen, denn irgendwann wird in Deutschland die feste Einspeisevergütung für grünen Strom wegfallen. Aus Sicht der WSW als kommunalem Energieversorger geht es darum, durch digitale Angebote wie den Tal.Markt die dezentrale Energieerzeugung mit erneuerbaren Energien vor Ort zu stärken.

Der Startschuss für den direkten Stromhandel via Blockchain ist gefallen. Wie geht es jetzt weiter?

Die vier Axpo Experten aus dem Elblox Team lachen und verhehlen dabei nicht, dass sie hoch hinaus wollen: „Mit der aktuellen Elblox Plattform wird die Reise gestartet. Wir entwickeln unseren Marktplatz aber ständig weiter, nehmen neue Trends auf und schaffen einen Mehrwert für unsere Kunden. Insbesondere die Erkenntnisse aus der Zusammenarbeit mit WSW werden uns auf jeden Fall weiterhelfen. Und langfristig ist Elblox bestrebt, ein führender Online-Marktplatz für personalisierte, erneuerbare Energie in Europa zu werden."

Was ist eine Blockchain?

Eine Blockchain ist eine dezentrale Datenbank, die eine stetig wachsende Liste von Transaktionsdatensätzen vorhält. Die Datenbank wird chronologisch linear erweitert, vergleichbar einer Kette, der am unteren Ende ständig neue Elemente hinzugefügt werden (daher auch der Begriff "Blockchain" = "Blockkette"). Ist ein Block vollständig, wird der nächste erzeugt. Jeder Block enthält eine Prüfsumme des vorhergehenden Blocks.

Entwickelt wurde das technische Modell der Blockchain im Rahmen der Kryptowährung Bitcoin – als webbasiertes, dezentralisiertes, öffentliches Buchhaltungssystem aller Bitcoin-Transaktionen, die jemals getätigt wurden. Die Bitcoin-Blockchain wächst stetig, da ständig neue Blöcke mit neu abgeschlossenen Bitcoin-Transaktionen hinzukommen. Jeder Computer, der an das Bitcoin-Netz angeschlossen ist, neue Bitcoins erzeugt und/oder die bisher erzeugten verwaltet, verwaltet eine 1:1-Kopie der vollständigen Blockchain.

Weitere Informationen zu Elblox gibt es hier: www.elblox.com

Lesen Sie auch

Alle anzeigen

Energiemarkt

Strukturelle Engpässe und wachsende Unsicherheit vor dem Winter

Monatliches Update europäische Energiemärkte, November 2024

Mehr erfahren

Erneuerbare Energien

«Der Mensch bleibt der entscheidende Faktor»

Auch die Kraftwerke Mauvoisin waren von den Unwettern stark betroffen

Mehr erfahren

Erneuerbare Energien

«Wie können wir unsere Anlagen besser schützen?»

Gleich zwei Unwetter suchten das Walliser Saas-Tal in diesem Sommer heim

Mehr erfahren