02.11.2022 | Interview mit Joanna Sasak, Vorstandsmitglied und CFO bei Axpo Polska
Vor zwanzig Jahren eröffnete Axpo ihre Niederlassung in Warschau. Seither hat sich die polnische Niederlassung des Unternehmens zu einer wichtigen Akteurin am nationalen Energiemarkt entwickelt. Dank eines innovativen und kundenorientierten Ansatzes gehört Axpo Polska heute zu den führenden Vermarktern von erneuerbarer Energie in Polen und beliefert Industriekunden, KMU und Handelskunden mit umweltfreundlichem Strom.
Im letzten Artikel unserer Serie, mit der wir die Errungenschaften von Axpo in Polen würdigen, interviewen wir Joanna Sasak, Vorstandsmitglied und CFO von Axpo Polska. Joanna berichtet von den Herausforderungen des Finanzmanagements in einer Branche, die einen dynamischen Wandel durchmacht. Und sie erzählt von sich selbst und dem von ihr zurückgelegten Weg, der sie zu Axpo führte.
Beginnen wir in den frühen Jahren. Ich möchte unbedingt deine Universitätsausbildung ansprechen – du hast mindestens sieben Studienabschlüsse! Hast du nach dem besten Karriereweg gesucht oder bist du einfach ein Multitalent?
Ich habe mich schon immer sehr sowohl für das Soziale als auch die Wirtschaft interessiert. Glücklicherweise konnte ich mein Talent für die Wissenschaft mit meiner Neigung für die Humanities verbinden. Irgendwann stiess ich auf meiner Suche nach dem richtigen Beruf auf die Wirtschaft. Damals war diese nicht so populär wie heute, doch ich hatte einfach ein gutes Gefühl. Die Wirtschaft schien perfekt für mich, da sie es mir ermöglichte, das ganze vielfältige Wissen, das ich mir angeeignet hatte, einzusetzen. Ich vertraute meiner Intuition und die Rechnung ging auf.
Bevor du 2020 zu Axpo gekommen bist, hast du in der Energiewirtschaft sowie in der Telekommunikation und Luftfahrt gearbeitet. Welche Erfahrungen hast du dort gemacht?
Ich finde, dass mir das Leben einige einzigartige Chancen geboten hat. Ich hatte die Möglichkeit, in Branchen zu arbeiten, die gerade dynamische Veränderungen durchmachten. Dies war ungeheuer wertvoll und ich lerne noch immer aus diesen Erfahrungen. Dies trifft z. B. auf die Telekommunikation zu, eine meiner ersten Arbeitsstellen. Heute kann man sich eine Welt ohne Mobiltelefone schwer vorstellen, aber es ist noch gar nicht so lange her, da gab es nur das Festnetz. Als Verantwortliche für die Finanzkontrolle hatte ich die Gelegenheit, an diesem Wandel mitzuwirken. Als ich beschloss, in die Energiewirtschaft zu wechseln, wurde das Energiegesetz novelliert, um den Handel vom Vertrieb zu trennen. Die Kunden waren nicht mehr gezwungen, von einem einzigen Lieferanten abhängig zu sein, sondern konnten frei wählen, von wem sie ihren Strom beziehen wollten. Die Branche florierte mit neuen Unternehmen und Produkten für bestimmte Kundengruppen. Und dann war da noch die Luftfahrt und der Wandel, der als Folge der Liberalisierung des Treibstoffmarktes in der Luftfahrtindustrie entstand.
Wie gelingt es dir, in sich so schnell verändernden Umgebungen Fuss zu fassen? Und warum hast du beschlossen, in die Energiewirtschaft zurückzukehren?
Ich habe an jeder Stelle versucht, mein Bestes zu geben. Ich bin sehr beharrlich – wenn ich mich verpflichte, etwas zu tun, führe ich die Aufgabe auch zu Ende. Meine Aufgaben waren recht schwierig zu erfüllen. Im Nachhinein erscheinen sie beinahe unmöglich. Wenn man aber jung ist, ist nichts unmöglich. So habe ich gelernt, grosse Projekte zu leiten, in die viele verschiedene Grössen einflossen. Ich habe meine berufliche Laufbahn nicht geplant. Ich bin einfach meinen Weg gegangen, mit vollem Engagement und mit Beharrlichkeit. Wenn sich neue Chancen auftaten, überlegte ich nur kurz und nahm die Herausforderung an. Ich habe gerne gelernt und wollte immer mehr wissen. Ich habe keine Angst vor schwierigen, anspruchsvollen Aufgaben; ich betrachte sie als Wachstumschance.
Warum ich letztendlich beschlossen habe, in der Energiewirtschaft zu bleiben? Die Energie ist einer der interessantesten und wichtigsten Bereiche unseres täglichen Lebens. Sie ist das Fundament der gesamten modernen Wirtschaft. Mit der Entwicklung der Wirtschaft nimmt die Bedeutung der Energie zu. Meine jahrelange Tätigkeit in anderen Branchen hat mich auf die aktuelle Herausforderung vorbereitet, ein solides Fundament zu schaffen, auf dem sowohl Axpo als auch die Geschäfte unserer Kunden gedeihen können.
Es handelt sich wirklich um eine grosse Herausforderung. Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Probleme, mit denen die Energiebranche konfrontiert wird?
Die drängendsten Themen sind der Klimaschutz, die Diversifizierung der Energieversorgung und die Sicherheit dieser Versorgung. Für Kinder mag die Welt riesig erscheinen.
Wir Erwachsenen wissen jedoch, dass zum Beispiel einige Rohstoffe für ihre Erneuerung so viele Jahre benötigen, dass wir sie praktisch als nicht erneuerbare Ressourcen einstufen können. Dazu gehören Rohöl oder Kohle, die riesige Mengen an Treibhausgasen emittieren und auf die fast alle Volkswirtschaften der Welt angewiesen sind. Was können wir diesbezüglich tun?
Die Entwicklung neuer Technologien und erneuerbarer Energiequellen, die klimafreundlicher sind, gibt mir Hoffnung für die Zukunft. Natürlich ist es eine riesige Herausforderung, neue technologische, rechtliche und finanzielle Lösungen zu finden oder zu entwickeln, aber wir müssen uns dieser Herausforderung stellen. Gleichzeitig sind grosse Herausforderungen immer mit grossen Chancen verbunden. Ich arbeite gerne für ein Unternehmen, das aktiv an diesen Veränderungen mitwirkt, indem wir in erneuerbare Energiequellen und innovative Lösungen investieren. Die Vermögenswerte, in die wir als Gruppe investieren, dienen der Erzeugung grüner Energie, die wir dann unseren Kunden anbieten können. Auf diese Weise müssen sie nicht in ihre eigenen Anlagen für erneuerbare Energien investieren. Unser Ziel ist es, grüne Energie zugänglicher zu machen, damit erneuerbare Ressourcen zum Standard werden können. Was die Finanzen angeht, besteht eine der grössten Herausforderungen darin, die beste Methode zur Abrechnung der dezentralen Stromerzeugung zu finden, da dieses Energieversorgungsmodell zahlreiche Abrechnungsprobleme mit sich bringt. Wer vorhat, in erneuerbare Energiequellen zu investieren, sollte dies im Auge behalten.
Was genau tust du bei Axpo und mit welchen Problemen wird dein Team Tag für Tag konfrontiert?
Ich bin bei Axpo Polska für die Finanzen im weitesten Sinne des Wortes verantwortlich: Buchhaltung, Controlling, Unternehmenssteuern, Abrechnungen mit kleinen und mittleren Partnerunternehmen und vor allem für die finanzielle Liquidität. Vor zwei Jahren, als Axpo einige grosse Verträge unterzeichnete, wuchs unser Unternehmen in Polen rapide. Das hat zu mehr Arbeit für die Finanzabteilung geführt: Wir müssen sowohl die Bedürfnisse der internen Kunden aus unseren Geschäftsbereichen als auch diejenigen der externen Kunden berücksichtigen. Das bedeutet eine grosse Verantwortung, aber ich arbeite mit einem wunderbaren Team von einem Dutzend talentierter Menschen zusammen. Gemeinsam sind wir in der Lage, diesen Herausforderungen Schritt für Schritt zu begegnen.
Es ist sehr wichtig, seine Kollegen und Kolleginnen wertzuschätzen. Was gefällt dir sonst noch an Axpo?
Es handelt sich um ein grosses multinationales Unternehmen, das auf mehreren Kontinenten tätig ist. Dies gibt mir das Gefühl, einen wirklichen Einfluss auf die Realität um uns herum zu haben. Axpos grösste Stärke ist die Überzeugung, dass die Energiewirtschaft auf erneuerbaren Quellen basieren muss. Ich schätze aber auch die Schnelligkeit des Handelns – bei der Analyse, der Entscheidungsfindung und den Ausschreibungen – und den effizienten Kundenservice. Das ist eindeutig die Richtung, in die wir uns in Polen weiterhin entwickeln wollen. Und es ist auch der Standard in unserer Gruppe. Wenn sich die Welt um uns verändert, können wir nicht stillstehen. Axpo wird immer einen Schritt voraus sein, um unseren Kunden die Lösungen von morgen zu bieten.
Du gehörst zu den Personen, die Veränderungen bei Axpo Polska vorantreiben, und du bist eine der vielen Frauen des Unternehmens. Ist eine solche Diversität in einem Sektor willkommen, der klischeehaft als «männliche Industrie» gilt?
Bei Axpo Polska sind die Hälfte der Vorstandsmitglieder und die meisten Abteilungsleiterinnen Frauen. Was uns auszeichnet, ist eine Unternehmenskultur, die in unserer Branche weder im Inland noch im Ausland selbstverständlich ist. Frauen sind einfach gut in ihrer Arbeit – egal, welchen Beruf sie ausüben. Die Unternehmen müssen ihnen nur eine Chance geben. Und genau das tun wir. Es ist auch ein Zeichen unserer Zeit. Unser Team besteht aus jungen, aufgeschlossenen Menschen, die sich der Vorteile der Diversität bewusst sind. Es herrscht allgemeines Einvernehmen darüber, dass jedes Geschlecht etwas Wertvolles zu bieten hat und viel von der individuellen Kompetenz abhängt. Mit einem sorgfältig zusammengestellten Team können wir viel mehr erreichen – und das viel schneller.
Wie gehst du mit den Folgen einer solchen verantwortungsvollen Position um? Wie erreichst du ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben?
Nach dem Adrenalinrausch in der Arbeit, den ich übrigens sehr geniesse, brauche ich Ruhe und Frieden. Mein Lieblingshobby ist Lesen, ich mag das Gefühl eines Buchs in meinen Händen. Ich lese viele Biografien und Sachbücher, aber ich beschränke mich nicht auf ein bestimmtes Genre. Der Kontakt mit der Natur ist für mich ebenfalls sehr wichtig. Ich gehe zu jeder Jahreszeit gerne spazieren und übe verschiedene Outdooraktivitäten aus. Ich mag auch Theater und Musik und habe eine besondere Vorliebe für die Oper. Meine Kinder geben mir viel Freude und Stärke, und es gelingt ihnen auch ausgezeichnet, mich auf den Boden der Realität zurückzuholen (lacht). Obwohl ich meine Arbeit liebe und sie sehr wichtig für mich ist, steht meine Familie immer an erster Stelle.
Joanna Sasak, Vorstandsmitglied und CFO bei Axpo Polska
CFO mit 20 Jahren Erfahrung in Energiewirtschaft, Luftfahrtindustrie und Telekommunikation. Joanna war während grosser Marktveränderungen für das Finanzmanagement verantwortlich, so zum Beispiel während des Übergangs zur Mobilfunktelefonie und der Einführung des TPA-Prinzips (Third Party Access) in der Energiewirtschaft. Ihre elf Jahre Erfahrung in der Energiebranche hat sie sich zunächst bei RWE und dann, seit 2020, bei Axpo Polska angeeignet, wo sie derzeit als Chief Finance Officer tätig ist.
Joanna hat an der IMBA St. Gallen Business School in der Schweiz, der Wirtschaftsuniversität Krakau, der Universität Warschau und der Technischen Universität Warschau studiert und mehrere Studienabschlüsse erlangt, u. a. in Finanzen und Management, Psychologie und Unternehmensführung und einen MBA. Was ihr Privatleben anbelangt, ist Joanna eine glückliche Mutter und mag Sachbücher, Oper und Spaziergänge.
Gehen Sie auf das Profil von Joanna Sasak LinkedIn.