14.02.2023 | Die Europäische Kommission holt Vorschläge zur Überarbeitung von Stromhandel und Förderinstrumenten ein
Die EU-Kommission will den EU-Strombinnenmarkt überarbeiten. Ihr Ziel ist es, Haushalte, KMUs und industrielle Grossverbraucher besser vor übermässigen Preisschwankungen zu schützen, die Versorgungssicherheit zu erhöhen und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern. Doch es drohen vorschnelle Reformen ohne fundierte Folgenabschätzung.
Seit Mitte 2021 waren die Preise für Erdgas und für Strom in Europa gestiegen; infolge kam es in fast allen Mitgliedsstaaten zu Markteingriffen. Um einen weiteren Wildwuchs nationaler Massnahmen und im Ergebnis ein Auseinanderbrechen des Strombinnenmarktes zu verhindern, hat die EU im Oktober 2022 Notmassnahmen, wie etwa eine Erlösobergrenze für bestimmte Stromerzeugungstechnologien eingeführt (“inframarginal revenue cap”). Diese sind jedoch zeitlich begrenzt: So ist beispielsweise die Erlösobergrenze bis 30. Juni 2023 befristet. Im Hinblick hierauf haben die Mitgliedsstaaten die Kommission aufgefordert, Vorschläge für eine Reform des Strombinnenmarktes vorzulegen. Bis am 13. Februar konnten interessierte Kreise bei der Vernehmlassung mitmachen und einen Online-Fragebogen mit über 60 detaillierten Fragen ausfüllen. Auf der Grundlage der Antworten wird die Kommission voraussichtlich am 14. März 2023 Gesetzesvorschläge zur Überarbeitung des Strombinnenmarktes vorlegen.
Ziele der Reform sind unter anderem:
Manche Mitgliedsstaaten fordern eine grundsätzliche Überarbeitung des EU Strombinnenmarktes, bei der der Markt sich auf den kurzfristigen Handel beschränkt soll und die Systemstabilität sichert. Investitionen in die Stromerzeugung sollen hingegen auf der Grundlage staatlicher Interventionen erfolgen, wie z. B. staatliche Differenzkontrakte (CfDs) erfolgen. Die Europäische Kommission will den EU Strombinnenmarkt verbessern, aber ohne dessen Grundlagen - grenzüberschreitender Handel in Verbindung mit Grenzkostenpreisen – anzugreifen.
Bedenklich ist, dass die derzeit geltenden massiven Eingriffe – wie z. B. die Erlösobergrenze für bestimmte Stromerzeugungstechnologien – per Notrecht und in kürzester Zeit eingeführt wurden – mit entsprechenden Kollateralschäden für das Investitionsklima. Die nun abgelaufene, sehr kurzfristig angelegte Vernehmlassung lässt befürchten, dass auch die mittelfristigen Reformen mit heisser Nadel gestrickt werden. Sollte die Europäische Kommission bereits am 14. März Gesetzesvorschläge veröffentlichen, müssen diese mit Hochdruck durch das ordentlichen Gesetzgebungsverfahren der EU gepeitscht werden, da 2024 Wahljahr ist und nicht abgeschlossene Gesetzgebungsverfahren dann zum Erliegen kommen. Zudem laufen viele Notmassnahmen der EU Ende 2023 aus. Zu einem Zeitpunkt also, zu dem eine schlechtere Füllstandsituation bei Erdgasspeichern erwartet wird, was zu hohen Preisen und starker Marktvolatilität führen könnte.
Eine ohne fundierte Folgenabschätzung geplante Reform könnten jedoch zum Gegenteil der gewünschten Effekte führen: Stagnierender Ausbau der erneuerbaren Energien, Rückgang der Liquidität an den Terminmärkten, Einbussen bei der Versorgungssicherheit und letztlich höhere Strompreise für die Verbraucher.
Axpo setzt sich zusammen mit den Europäischen Energieverbänden für eine schrittweise Weiterentwicklung des EU Strombinnenmarktes und eine bessere Einbindung der Schweizer Stromwirtschaft ein.
Mehr Informationen: https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/13668-Strommarkt-Reform-der-Gestaltung-des-EU-Strommarkts_de