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06.10.2022 |

Wiederbeschaffungswerte in der Bilanz

Durch Preisexplosion verlängerte Axpo-Bilanz führt zu Falschinterpretationen

Zurzeit wachsen die Bilanzen vieler Stromunternehmen stark an und die Eigenkapitalquoten sinken. Dies ist ein buchhalterischer Effekt und weist nicht auf ein erhöhtes Risiko hin.

Wer sich die Entwicklung der Axpo-Bilanzsumme anschaut, wundert sich. Vom 31. März 2021 bis zum 31. März 2022 ist sie von rund CHF 25 Milliarden auf rund CHF 65 Milliarden gestiegen. Hingegen hat sich das Eigenkapital über den gleichen Zeitraum hinweg kaum verändert und betrug am 31. März 2022 rund CHF 8 Milliarden. Die Eigenkapitalquote ist damit von rund 30 Prozent auf rund 12 Prozent gesunken. Ein Alarmsignal für ein dramatisch gestiegenes unternehmerisches Risiko? Keineswegs!

Das unternehmerische Risiko hat sich für Axpo in dieser Zeit kaum verändert. Die Aussichten sind für eine grosse Stromproduzentin wie Axpo dank der gestiegenen Strompreise langfristig positiver geworden. Was die Bilanz verlängert hat, sind buchhalterische Vorschriften, die den Verträgen für Energielieferungen in der Zukunft einen vom Marktpreis abhängigen Wiederbeschaffungswert zuordnen.

Buchhalterische Vorschriften verlängern Bilanz

Konkret: Wie an anderer Stelle erklärt, verkauft Axpo ihre Stromproduktion auf mehrere Jahre im Voraus, um sich gegen sinkende Preise zu schützen. Da aufgrund fehlender Nachfrage nicht der ganze Strom im Voraus direkt an Kunden in der Schweiz verkauft werden kann, wird der Rest im Grosshandel platziert. Je nach Nachfrage kauft Axpo den Strom dann wieder im Grosshandel zurück, um ihn an ihre Kunden in der Schweiz zu verkaufen. Nehmen wir der Einfachheit halber an, dass Axpo einer Gegenpartei auf einen bestimmten Termin hin Strom für CHF 50 pro Megawattstunde verkauft und gleichzeitig den Strom auf den gleichen Zeitpunkt hin von einer Handelspartei zum gleichen Preis zurückkauft. Beide Geschäfte sind fix und zum gleichen Preis vereinbart. Damit besteht kein Marktrisiko (möglicher Verlust aufgrund von Preisschwankungen). Wenn die Geschäfte wie im Grosshandel üblich mit Sicherheiten hinterlegt sind, gibt es auch kein Gegenparteienrisiko (mögliche Zahlungsunfähigkeit der Gegenpartei). Zudem sind die Mittelflüsse gleich hoch und finden zum gleichen Zeitpunkt statt, es gibt also im Zusammenhang mit diesen Geschäften auch kein Liquiditätsrisiko.

Da die beiden Geschäfte mit zwei unterschiedlichen Gegenparteien erfolgt sind, können sie aber nach den geltenden Buchhaltungsvorschriften (IFRS) nicht saldiert werden. Sie werden unabhängig voneinander in der Bilanz erfasst. Da es sich um Termingeschäfte handelt, müssen diese Geschäfte mit ihrem Wiederbeschaffungswert bilanziert werden. Diese Wiederbeschaffungswerte hängen vom aktuellen Marktpreis ab. Liegt der Marktpreis am Stichtag bei CHF 200, hat unser für die Zukunft vereinbartes Kaufgeschäft zu CHF 50 einen positiven Wiederbeschaffungswert von CHF 150. Anders gesagt: Unser Recht, Strom für CHF 50 zu kaufen, hat bei einem aktuellen Preis von CHF 200 einen Wert von CHF 150. Dieser Wert wird auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen. Unsere Pflicht, Strom für CHF 50 zu verkaufen, hat hingegen bei einem aktuellen Marktwert von CHF 200 einen negativen Wiederbeschaffungswert von CHF 150. Dieser wird auf der Passivseite ausgewiesen.

Bilanz «atmet» mit Marktpreis

Das heisst, Aktiv- und Passivseite der Bilanz erhöhen sich in unserem Beispiel um je CHF 150, obwohl die Geschäfte für das Unternehmen weiterhin kein Risiko darstellen. Steigt der Preis weiter, erhöhen sich Aktiv- und Passivseite weiter im Gleichschritt, während das unternehmerische Risiko aus den

Geschäften nach wie vor unverändert bleibt. Sinkt der Preis, sinken auch die Aktiv- und Passivseite im Gleichschritt. Die Bilanz «atmet» gewissermassen mit dem Marktpreis. Wenn die Geschäfte abgewickelt werden, verschwinden die Wiederbeschaffungswerte vollständig aus der Bilanz. Es kann deshalb festgehalten werden, dass die starke Verlängerung der Bilanz in den letzten Monaten und die im Gegenzug stark gesunkene Eigenkapitalquote vor allem die buchhalterisch bedingte Folge der stark gestiegenen Energiepreise sind und nicht Ausdruck eines höheren Risikos.

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