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10.09.2019 | Das erste digitale Wasserkraftwerk der Schweiz

Hochzeit mit der Welt 4.0

Jeanette Schranz

Autorin

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Weniger Routineeinsätze, weniger Administration, weniger Fehler. Das sind die Benefits des digitalen Wasserkraftwerks, das Axpo zurzeit bei den Kraftwerken Sarganserland als Pilotprojekt führt. Betrieb und Instandhaltung der Anlage werden dank digitaler Technologien effizienter. Das digitale Wasserkraftwerk ist einzigartig in der Schweiz und eines von wenigen in Europa.  

"Das digitale Kraftwerk verfolgt einen 360-Grad-Ansatz", erzählt Emil Bieri, der Leiter des Pilotprojekts im Sarganserland, "360 Grad, weil wir alle Aspekte und alle Prozesse im Betrieb anschauen und sie allesamt in den Digitalisierungsprozess inkludieren. Wir verheiraten sozusagen unser Betriebs-Know-how mit der digitalen Welt." Durch diesen Ansatz können die Projektmitarbeitenden im Pilot Informationen sammeln mit dem Ziel, diese Erfahrungswerte Axpo intern zu nutzen und als neue Dienstleistung auch externen Kunden anzubieten. Einen ganzheitlichen Ansatz, wie diesen, gibt es in der Schweiz noch nicht. Auch in Europa gibt es nur wenige Beispiele, die in die gleiche Richtung gehen.

Im Pilot werden insgesamt 20 verschiedene Anwendungsfälle, sogenannte Use Cases, genauer angeschaut und im Kraftwerk digital umgesetzt. Im Folgenden werden drei Use Cases genauer vorgestellt:

Das digitale Ohr

Für Staumauern in der Schweiz gelten strengste Sicherheitsauflagen. Dazu gehören regelmässige Kontrollen und Messungen in der Anlage (Unterwegs in einer Staumauer). Oft können während den Kontrollgängen im Kraftwerk Unregelmässigkeiten übers Hören wahrgenommen werden: Wenn es ein Problem mit einer Maschine gibt, klingt sie oftmals anders als im Normalbetrieb. Solche Anomalien können neu mit dem «digitalen Ohr» gemessen werden: im Kraftwerk Sarganserland wurden dafür an sieben Standorten Mikrophone aufgestellt, die rund um die Uhr den Klang messen. Gibt es nur geringe Abweichungen in den Tönen, schickt die Messstation die Information inkl. Soundschnipsel an die Zentrale, wo diese von einem Mitarbeitenden ausgewertet und bei Bedarf eine Massnahme ergriffen wird.

«Die Digitalisierung erfasst seit Jahren immer stärker alle Bereiche des privaten und geschäftlichen Alltags. Auch für Axpo als grösste Wasserkraftproduzentin ist die umfassende digitale Transformation der Kraftwerke der nächste Evolutionsschritt nach der Automatisierung der Anlagen.»
Emil Bieri, Projektleiter von Hydro 4.0
Das Auge in der Luft

Drohnen kommen oft zum Einsatz, wenn Bildmaterial von Stellen gebraucht wird, an die eine Person nur sehr schlecht hinkommt (Leitungskontrollen mit Drohnen). Der autonome Einsatz von Drohnen indoor und ohne GPS-Ortung ist allerdings neu. Im Pilotprojekt werden diese Drohnen dort eingesetzt, wo es für Mitarbeitende gefährlich oder der Zugang sehr beschwerlich ist. Z.B. in Wasserschlössern oder in Stollen. Die Drohne bewegt sich über einen Orientierungsfaden auf Kommando innerhalb der Anlage an die vordefinierten Orte und macht dort Fotoaufnahmen. Wichtig dabei ist, dass die Drohne immer am exakt gleichen Ort die Bilder schiesst, damit die Vergleichbarkeit garantiert werden kann. Vorteil beim Einsatz von Drohnen ist neben der Sicherheit auch die Verfügbarkeit rund um die Uhr.

Das autonome Boot

Wie die Drohne kann sich auch das Vermessungs-Boot autonom bewegen, die Orientierung des Bootes geschieht dabei über GPS. Das Boot hat die Aufgabe, Unterwasserstrukturen zu erfassen und Veränderungen zu dokumentieren. Oft werden Wasserfassungen im alpinen Raum mit Material aus der Umgebung gefüllt (Die Natur kennt keine Gnade). Das kann einerseits die Anlage blockieren, anderseits aber verkleinert sich auch das Volumen des Stausees, das für den Forecast des Energiehandels zentral ist. Über die Dichte der Tiefenmesspunkte und die Art des Sensors für die Messung sammelt das Boot Daten für eine 3D-Abbild der Unterwasser-Struktur am Grund des Stausees. Dank den Messungen des Bootes können die Informationen über Ablagerungen effizienter erfasst werden, die Ausbaggerungsaktionen regelmässig geplant und im Energiehandel kann mit den exakten Volumenmengen an turbinierbarem Wasser gerechnet werden.

Überblick Pilotprojekt Hydro 4.0

Axpo hat in den letzten zwei Jahren verschiedene Initiativen gestartet, Prozesse in den Kraftwerken zu digitalisieren und im Projekt Hydro 4.0 konnten alle Aktivitäten gebündelt werden. Anfang April 2019 fiel der Startschuss für die Umsetzung des ersten digitalen Wasserkraftwerks in der Schweiz am Standort der Kraftwerke Sarganserland (KSL). Das Pilot-Team wird über 12 Monate 20 verschiedene Anwendungsfälle (Use Cases) umsetzen. Diese werden unter realen Bedingungen auf der gesamten Anlage getestet und auf deren Potenzial hin analysiert. Die Use Cases dauern bis Mitte 2020, danach wird das weitere Vorgehen entschieden. 

20 Use Cases im 360-Grad-Ansatz

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