04.06.2021 | Studie zeigt: Wind- und Solarkraft könnten den weltweiten Energieverbrauch hundertmal decken.
Starke Kostensenkungen bei Solar- und Windenergie in den letzten Jahren erschliessen der Welt eine neue Energiereserve, die den aktuellen Weltverbrauch an Strom um das Hundertfache decken könnte. Dabei ist vor allem das Potenzial an Sonnenenergie riesig. Das schreibt der britische Thinktank «CarbonTracker» in einem jüngst veröffentlichten Bericht.
Solar- und Windenergie sind im Gegensatz zu Kohle, Öl und Gas unerschöpfliche Energiequellen und werden bei den derzeitigen Wachstumsraten fossile Brennstoffe bis Mitte der 2030er Jahre aus dem Stromsektor verdrängen. Bis 2050 könnten sie die Welt mit Strom versorgen, fossile Brennstoffe vollständig verdrängen und billige, saubere Energie produzieren, um neue Technologien wie Elektrofahrzeuge und grünen Wasserstoff zu unterstützen.
Kingsmill Bond, Energiestratege bei Carbon Tracker und Hauptautor des Berichts, sagt dazu: «Wir treten in eine neue Epoche ein, vergleichbar mit der industriellen Revolution. Energie wird im Preis sinken und für Millionen von Menschen verfügbar werden, insbesondere in Ländern mit niedrigem Einkommen. Die Geopolitik wird sich verändern, da die Nationen von teuren Importen von Kohle, Öl und Gas befreit werden. Saubere erneuerbare Energien werden den katastrophalen Klimawandel bekämpfen».
Der weltweite Energieverbrauch im Jahr 2019 betrug 65 Petawattstunden (PWh/1 PWh = 1000 TWh). Mit der aktuellen Technologie hat die Welt jedoch das Potenzial, jährlich mehr als 5800 PWh allein aus der Photovoltaik zu gewinnen. Zusätzlich könnten durch Onshore- und Offshore-Windkraft fast 900 PWh pro Jahr gewonnen werden.
Die Studie «The Sky's the Limit» stellt fest, dass heute etwa 60 Prozent der weltweiten Solarressourcen und 15 Prozent der Windressourcen im Vergleich zur lokalen Erzeugung aus fossilen Brennstoffen bereits wirtschaftlich sind. Bis 2030 werde wahrscheinlich die gesamte Solarenergie und über die Hälfte der Windenergie wirtschaftlich sein.
Der Bau von genügend Sonnenkollektoren, um den globalen Energiebedarf zu decken, würde gemäss Studie nur 450’000 km2, das sind 0,3 Prozent der globalen Landfläche von 149 Millionen km2 weniger als die Fläche, die von fossilen Brennstoffen eingenommen wird.
Die Studie stellt zudem fest, dass die Chancen in den Schwellenländern am größten sind, die das höchste Solar- und Windpotenzial im Verhältnis zu ihrer Binnennachfrage haben. Viele von ihnen sind noch dabei, ihre Energiesysteme auszubauen, und billige erneuerbare Energien bieten einen Weg, mehr Menschen mit Strom zu versorgen und neue Industrien, Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen. Afrika verfügt über einen Anteil von 39 Prozent des weltweiten Potenzials und könnte eine Supermacht der erneuerbaren Energien werden.
Das Potenzial der Solarenergie wird durch einen enormen Rückgang der Kosten freigesetzt, die seit 2010 jedes Jahr um durchschnittlich 18 Prozent gesunken sind. Mit einem durchschnittlichen jährlichen Zuwachs von 39 Prozent in den letzten zehn Jahren wächst sie schneller als jede andere Energietechnologie in dieser Größenordnung - und verdoppelt damit fast alle zwei Jahre ihre Kapazität.
Die Windkraft befindet sich auf einem ähnlichen Weg: In den letzten zehn Jahren sind die Preise um durchschnittlich 9 Prozent pro Jahr gefallen, während die Kapazität um 17 Prozent pro Jahr gestiegen ist. Dies führt zu Effizienzsteigerungen und Fortschritten, wie z. B. bessere Module und höhere Turbinen, die die Kosten weiter senken.
Die Studie «The Sky’s the Limit» hat alle Länder gemäss ihrem Potenzial zur Nutzung von Solar und Windressourcen im Vergleich zum ihrem aktuellen Stromverbrauch kategorisiert,
In diesen Ländern mit dem geringsten Überschuss sei es deshalb zentral, die richtigen politischen Entscheidungen zu treffen, um dieses Potenzial an erneuerbaren Ressourcen am effektivsten zu nutzen, folgert die Studie. Diese Meinung teilt auch Axpo: So sagen wir Ja zum C02-Gesetz, das am 13. Juni zur Abstimmung kommt. Im Wissen, dass der Weg zur Klimaneutralität lang ist, finden wir das Gesetz einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Gleichzeitig gilt es in der Schweiz den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv zu beschleunigen. Dafür sind die politischen Rahmenbedingungen so anzupassen, dass nicht nur Solar- und Windenergie zugebaut werden können, sondern auch das Potenzial der Wasserkraft, die hierzulande gegen 60 Prozent der Stromnachfrage deckt, weiter genutzt werden kann.