01.04.2022 | Alpine Solarenergie hat ein Potential von 16.4 TWh
Die Diskussion um die Realisierbarkeit der Energiewende in der Schweiz ist aktueller denn je: Will die Schweiz energietechnisch unabhängiger sein, müssen wir hierzulande vorwärts machen, denn bis 2050 fehlen uns bis 50 TWh Strom pro Jahr. Wichtig ist: Es braucht einen ausgewogenen Strommix und dazu gehört auch der alpine Solarstrom, insbesondere aufgrund seines hohen Anteils an wertvollem Winterstrom. Alpiner Solarstrom hat ein grosses Potenzial. Die Vorteile und Hürden solcher alpinen Solaranlagen hier im Überblick.
Auf wenigen Stelzen stehen sie in der Landschaft und äugen hoch zur Sonne, Solar-Freiflächenanlagen. Wir haben sie alle schon gesehen; sei es bei der Durchfahrt nach Spanien oder in Dokumentarfilmen zum Thema Nachhaltigkeit. Nur hierzulande finden wir sie kaum, denn in der Schweiz sind Solar-Grossanlagen insbesondere auf Freiflächen nicht verbreitet oder gar verboten.
Dies sollte sich schnell ändern. Denn wir brauchen den Strom, den sie produzieren, dringend in unserem Strommix. Mit dem Wegfall der Kernenergie und der klaren Tendenz eines steigenden Stromverbrauchs fehlen der Schweiz bis 2050 rund 50 TWh Strom.
Vor allem in den Bergen können Solar-Grossanlagen viel beitragen, denn die Ausbeute an Solarstrom ist dort besonders hoch. Dies liegt daran, dass die Sonnenstrahlung in den Alpen intensiver und die Stromproduktion in den Wintermonaten bis dreimal höher ist als eine vergleichbare Anlage im Mittelland.
Die Vorteile von alpinen Solaranlagen im Überblick:
Rund dreimal mehr Solarstrom wird in den Wintermonaten produziert,
Zum Vergleich: eine Solaranlage im Flachland produziert nur ca. 25-30% des Stroms im Winter.
Im alpinen Raum sollen alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die oben genannten Vorteile zu nutzen. Dazu gehört auch der Ausbau von Solaranlagen an bestehender Infrastruktur, wie jüngst das Pionierprojekt AlpinSolar zeigt. An der Muttsee-Staumauer des Pumpspeicherwerks Limmern befindet sich die grösste alpine Solaranlage der Schweiz. Solche Solaranlagen sind aktuell aber noch absolute Ausnahmefälle. Das sollte unbedingt geändert werden. Gleichzeitig sind bestehende Infrastrukturen im alpinen Raum mit Netzanschluss beschränkt, weshalb zwingend auch Solar-Grossanlagen auf Freiflächen ermöglicht werden müssen.
Swissolar/Meteotest schätzt in einer Studie von 2019 das Potenzial von alpinen Solaranlagen auf 16.4 TWh ein und geht von einer kurzfristig möglichen Stromproduktion von 3.3 TWh pro Jahr aus. Ein grosses Potenzial, das bisher noch nicht genutzt wird. Zum Bau von Solar-Grossanlagen gibt es aber verschiedene Hürden. Zu oft scheitert ein Bau heute an der Bewilligung.
Im Gegensatz zu alpinen Solaranlagen haben Anlagen innerhalb der Bauzonen meist bessere Chancen, bewilligt zu werden. Dies liegt daran, dass für die Bewilligung von Solaranlagen ausserhalb der Bauzonen heute die gesetzliche Grundlage fehlt. Gemäss Raumplanungsgesetz RPG muss eine Anlage ausserhalb der Bauzone «standortgebunden» sein, damit eine Ausnahmebewilligung zum Bau überhaupt möglich ist. Solaranlagen gelten – im Gegensatz zu Wind- und Wasserkraft – jedoch nie als standortgebunden, da immer argumentiert werden kann, dass man die Solarpanels auch an einem anderen Standort errichten könnte. Die Sonne scheint ja quasi überall. Auch in der Nähe von bestehenden Infrastrukturen sind Solar-Grossanlagen durch diese Vorgabe heute faktisch verboten.
Für den Ausbau der Erneuerbaren und somit die längerfristige Energieversorgung in der Schweiz müssen solche Anlagen bewilligungsfähig werden. Dafür müssen geeignete Kriterien zur Standortgebundenheit definiert werden (z.B. Infrastrukturnähe oder Ausweisen geeigneter Standorte durch Bund/Kantone).
Es ist nicht ausreichend, wenn Solaranlagen nur auf Dächern bei Neu- und Umbauvorhaben zugebaut werden. Uns geht mittel- bis langfristig der Strom aus.
Mehrere Studien zeigen, dass in unseren Breitengraden die Vorteile von Solar-Freiflächenanlagen überwiegen und der Einfluss auf die Natur dabei begrenzt ist. Aufgrund der teilweisen Beschattung durch die Solarpanels kann gar ein kleinräumiges Nebeneinander von verschiedensten Lebensräumen entstehen, das dank unterschiedlichen Mikroklimata mehr Arten Platz bietet als uniforme Lebensräume.
Entscheidend sind immer eine raumplanerische Begleitung und eine ausgewogene Abwägung zwischen Schutz und Nutzen. Ohnehin werden für grosse Solaranlagen Standorte gewählt, die auch gut erschlossen sind – vor allem bezüglich Stromanschluss. Ein Strassenanschluss ist dabei ebenfalls von grossem Vorteil. Zusätzliche Vorgaben zum Rückbau der Anlage nach Ende der Lebensdauer könnten in die Baubewilligung integriert werden.
Für die Energiewende, aber vor allem auch für die Sicherstellung der Stromversorgung der Schweiz, muss der Kraftwerksbau an Geschwindigkeit zulegen. Solaranlagen auf Dächern bei Neu- und Umbauvorhaben sind wichtig, reichen aber nicht aus. Der Schweiz geht mittel- bis langfristig der Strom aus. Dazu hat Axpo ein Szenario erstellt, wie die Energiewende bei gleichzeitig hoher Versorgungssicherheit zu schaffen ist.
Mehr zur Energiewende: www.axpo.com/energiewende-schweiz