09.09.2022 | Strompreis, Absicherungen, Liquidität – was man wissen muss
Die Kreditvereinbarung mit dem Bund ist eine vorsorgliche Massnahme. Doch warum beantragt Axpo Geld, wenn der Strompreis jetzt hoch ist? Genau darum. Hier die wichtigsten Antworten zur Kreditlinie des Bundes für Axpo.
Es ist paradox: Die langfristigen Aussichten von Axpo sind nach wie vor positiv, kurzfristig ist das Unternehmen aber mit den Herausforderungen der Energiekrise konfrontiert. Mit der Beantragung einer Kreditlinie will Axpo im aktuellen, von enorm hohen Unsicherheiten geprägten Marktumfeld und im Hinblick auf das Winterhalbjahr sicherstellen, dass das Unternehmen selbst bei weiteren Verwerfungen am Energiemarkt seinen Beitrag an die Schweizer Versorgungssicherheit weiterhin gewährleisten kann. Diese 10 Antworten helfen, die Hintergründe zu verstehen.
Verwaltungsrat und Geschäftsleitung von Axpo haben entschieden, beim Bund am 2. September 2022 einen Antrag auf eine Kreditlinie in Höhe von bis zu CHF 4 Milliarden zu stellen. Der Bundesrat und die Finanzdelegation haben diesem Antrag am 5. September 2022 zugestimmt. Die Kreditlinie gilt als nachrangig zu bestehenden Finanzierungen und bedingt keine Hinterlegung von Sicherheitsleistungen. Damit wird sichergestellt, dass Axpo bei einer weiteren Verschärfung der Situation in der Lage bleibt, die mit den langfristigen Stromlieferverträgen für ihre Kunden verbundenen Sicherheitsleistungen zu decken und weiterhin ihren wichtigen Beitrag zur Schweizer Versorgungssicherheit zu leisten. Bislang hat Axpo diese Kreditlinie nicht in Anspruch genommen und versucht mit aller Kraft dies zu vermeiden.
An den Energiemärkten sind beim Handel von Energie Sicherheitsleistungen zu erbringen, um Käufer und Verkäufer zu schützen und den Markt stabil zu halten. Diese Sicherheitsleistungen werden bei einem Handelsgeschäft hinterlegt. Das ist vergleichbar mit einer Mietkaution. Spätestens nach der Erfüllung des Stromliefervertrags fliessen die Sicherheitsleistungen wieder zurück. Dieser Mechanismus wurde jedoch nicht für die extremen Preisanstiege der letzten Wochen und Monate konzipiert. Dies ist eine historische Ausnahmesituation, die zu einer unvorhersehbaren Preisvolatilität und einem massiven Anstieg des Liquiditätsbedarfs in der europäischen Energiebranche geführt hat.
Mehr zur Funktion der Sicherheitsleistungen
Axpo managt ihr Liquiditätsrisiko seit Jahren aktiv und setzt fortlaufend risikoreduzierende Massnahmen um. Das Endkundenportfolio in der Schweiz und international reduziert das Risiko und den Liquiditätsbedarf signifikant. Die Massnahmen wurden zudem seit Dezember 2021 massiv verstärkt. Neben verschiedenen operativen Massnahmen zur Reduktion des Liquiditätsbedarfs hat Axpo in den letzten Monaten mehrere Anleihen erfolgreich platziert.
Bisher konnte Axpo die extremen Marktverwerfungen aus eigener Kraft meistern. Die Situation hat sich in den letzten Wochen aber nochmals verschärft und die weitere Entwicklung ist unvorhersehbar. Die Kreditlinie ist eine Sicherheitsmassnahme gegen weitere Verwerfungen, die zum jetzigen Zeitpunkt absolut unvorhersehbar geworden sind.
Deshalb hat sich Axpo für diese vorsorgliche Massnahme entschieden.
Axpo hat in den letzten Monaten zusätzliche Anleihen platziert, Kredite aufgenommen und Geld aus dem internationalen Geschäft eingesetzt. Aber es gibt immer ein Limit. Wenn es noch stärkere Verwerfungen gegeben hätte, wären wir mit dem Geld nicht mehr nachgekommen. Und die Kantone sahen sich ausserstande in der kurzen Zeit das Geld zu beschaffen, zumal dafür auch keine Rechtsgrundlage besteht. Deshalb hat der Bund die Voraussetzungen für die Kreditlinie geschaffen.
Bereits seit dem 4. Quartal 2021 ereignen sich beispiellose Verwerfungen an den europäischen Energiemärkten. Die Situation hat sich in den letzten Wochen nochmals massiv verschärft. Die Grosshandelspreise für Strom haben sich gegenüber September 2021 mehr als verzehnfacht und die Preisschwankungen haben in den letzten Tagen neue Rekordwerte erreicht.
Bis jetzt konnte Axpo diese herausfordernde Situation meistern. Da die Entwicklung in den kommenden Monaten unvorhersehbar ist, haben wir jedoch mit dem Bund vorsorglich eine Kreditlinie vereinbart. Bislang hat Axpo diese Kreditlinie nicht in Anspruch genommen und versucht dies mit aller Kraft zu vermeiden.
In ganz Europa unterstützen Länder ihre Stromproduzenten in dieser extremen Situation mit Liquidität, um das System zu stabilisieren und die Versorgungssicherheit in Europa zu gewährleisten (etwa Deutschland, Schweden, Finnland, Frankreich oder Tschechien).
Nein, im Gegenteil. Axpo verfolgte eine konservative und international anerkannte Strategie. Axpo hat eben nicht auf sinkende oder steigende Preise spekuliert, sondern für die Stromproduktion aus Schweizer Kraftwerken für 3 Jahre im Voraus fixe Preise vereinbart, um Axpo und die Kunden zu schützen. Das System der Sicherheitsleistungen wurde jedoch nicht konzipiert für kurzfristige Preisschwankungen um das bis zu 10-fache.
Nein, Axpo kann allen Verpflichtungen nachkommen und ihre Geschäfte normal weiterführen. Die Kreditvereinbarung ist eine vorsorgliche Massnahme. Axpo hat noch keinen Franken bezogen.
Es ist paradox: Die langfristigen Aussichten von Axpo sind nach wie vor positiv, kurzfristig sind wir aber mit den Herausforderungen dieser historischen Energiekrise konfrontiert.
Die aktuelle Problematik betrifft die Liquidität, nicht aber die Profitabilität des Unternehmens. Die temporär hinterlegten Sicherheiten fliessen spätestens nach der Erfüllung des Stromliefervertrags, also nach Lieferung der vereinbarten Strommenge, wieder zurück, ähnlich einer Mietzinskaution.