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08.01.2020 | Bis 2050 soll Europa klimaneutral werden

Green Deal: Das will die EU

Es wird ein Kraftakt. Der Green Deal, den die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zusammen mit den Mitgliedstaaten bis 2050 umsetzen will. Der Plan betrifft auch die Stromversorgung.

Europa soll bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Erde werden. Der Green Deal weckt selbstredend Assoziation mit Franklin D. Roosevelt’s New Deal vor bald 90 Jahren. Rigorose Eingriffe in die Wirtschaft sollten damals die USA aus der tiefgreifenden Depression führen: mit ansehnlichem Erfolg, wie dem Deal heute immerhin eine Mehrheit der Wirtschaftshistoriker bescheinigt.

Alle müssen mitziehen

Das mag als gutes Omen gelten. Sicher ist, der Weg zum Ziel wird steinig. Erster Stolperstein: Die 28 EU-Mitgliedstaaten müssen an einem Strang ziehen. Polen, Ungarn und Tschechien treten aber bereits auf die Bremse. Ihre Regierungen beharren auf finanziellen Garantien, dass ihnen beim Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger massiv unter die Arme gegriffen wird.

Auch der Beitrag der Kernenergie, die klimafreundlich Strom produziert, wollen verschiedene Staaten neu überdacht wissen. Sie bezweifeln, dass sich das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ganz ohne Atomstrom realisieren lässt.

Bis kommenden März hofft die Kommission, das Ziel der Klimaneutralität in einem Gesetz festgeschrieben zu haben. Gelingt dies, heisst das nächste Etappenziel: Reduktion der Treibhausgasemissionen in den nächsten zehn Jahren um 50 bis 55 Prozent unter das Niveau von 1990. Wie ehrgeizig das ist, zeigt der Blick zurück. Seit 1990 haben die EU-Staaten erst 23 Prozent ihrer Treibhausgasemissionen senken können.

Erneuerbare weiter ausbauen

Damit der Deal gelingt, setzt die Kommission an zahlreichen Hebeln an. So sollen die Vorgaben für den Ausbau der Erneuerbaren weiter erhöht werden. Bislang war vereinbart, dass ihr Anteil am Endenergieverbrauch in der EU bis 2030 bei 32 Prozent liegen soll. Ausserdem sollte die Energieeffizienz bis dann um 32,5 Prozent steigen.

Auch die Stromnetze sollen weiter ausgebaut werden, um Strom aus erneuerbaren Quellen effizienter transportieren zu können. Zudem will die Kommission eine Strategie entwickeln, wie Künstliche Intelligenz helfen kann, Energie optimal zu steuern.

Klimaschutz und Handelspolitik Hand in Hand

Um der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie nicht zu schaden, ist die Einführung eines CO2-Ausgleichsmechanismus vorgesehen. Beim Import von Waren aus Staaten, die ein niedriges Niveau beim Klimaschutz aufweisen, erwägt die Kommission deshalb die Einführung einer CO2-Steuer.

Klimaschutz und Handelspolitik sollen stärker Hand in Hand gehen. Wenn etwa Freihandelsabkommen vereinbart werden, soll auch der Klimaschutz im potenziell neuen Partnerland evaluiert werden.

Das Emissionshandelssystem, englisch Emission Trade System (ETS), das ab Januar 2020 mit dem Schweizer System gekoppelt wird, soll auf den Schiffsverkehr ausgeweitet werden und den Luftverkehr stärker belasten. Des Weiteren will die Kommission die E-Mobilität vorantreiben und dafür bis 2025 mindestens eine Million Ladestationen für E-Autos errichten.

Für die Industrie, etwa der Stahlbranche, gilt es, möglichst CO2-arm zu produzieren. So soll etwa nur noch sauberer Stahl mit Wasserstoff als Energieträger hergestellt werden.

Der Green Deal will überdies die Artenvielfalt besser schützen, die Wälder Europas aufforsten und die Landwirtschaft in eine grüne Produktion überführen. 

Knackpunkt: Die Kosten

Der Weg in eine klimaneutrale Welt wird Expertenschätzungen zufolge zwischen 250 bis 500 Milliarden Euro jährlich kosten.

Woher diese kommen sollen, ist unklar. Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll zwar bis zum Jahr 2030 Investitionen in Höhe von einer Billionen Euro in Klimaprojekte anstossen, aber das reicht nicht. Zusätzlich plant die Kommission, mit dem „Just Transition Fund“ laut Ursula von der Leyen «ungleiche Startpunkte» auszugleichen. Der Fonds soll überwiegend osteuropäischen Ländern mit ihrer Kohleindustrie zugutekommen und soll sich aus Umschichtungen im EU-Haushalt, zusätzlichen Zahlungen der Mitgliedstaaten, Geldern der EIB sowie dem der Privatwirtschaft zusammensetzen. Eine Summe von 100 Milliarden Euro will von der Leyen zwischen 2021 und 2027 dafür mobilisieren.

Geht Kalkulation auf?

Kritiker bemängeln, dass die EU-Kommission zu wenig neues Geld für den Klimaschutz bereit stellt. Sie rede zwar von einer Billion Euro, könne aber in Wahrheit nur 7,5 Milliarden frisches Geld zur Verfügung stellen. Um den Green Deal wirklich zu schaffen, müssten die Mitgliedstaaten ihre Beiträge zum europäischen Haushalt deutlich erhöhen. Ob das gelingt ist allerdings fraglich. So hat beispielsweise Deutschland bereits öffentlich angekündigt Widerstand gegen höhere Beitragszahlungen zu leisten. Entsprechend kritisch sind deshalb auch die Kommentare in den Medien: Von "ungedeckten Checks" und "Luftbuchungen zur Finanzierung des Green Deals" ist da die Rede.   

 

 

 

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