11.05.2021 | Axpo CEO Christoph Brand: Replik an Bundesrätin Sommaruga
In der letzten Sonntagszeitung mahnte Frau Bundesrätin Sommaruga, dass die grossen Stromproduzenten wie Axpo ihre Verantwortung für die Versorgungssicherheit der Schweiz wahrnehmen müssen und mehr in der Schweiz investieren sollen.
Zur Erinnerung: Wir sind seit der Strommarktöffnung vor über 10 Jahren nicht mehr für die Versorgungssicherheit verantwortlich. Im Monopol war es nachvollziehbar, dass geregelte Preise mit einer Verpflichtung verbunden wurden, aber selbst damals gab es keinen Bundesauftrag zur Versorgungssicherheit. Heute sind wir komplett dem Risiko der Marktpreise ausgesetzt, und die lokalen Versorger kaufen Strom korrekterweise irgendwo auf dem Markt.
Angesichts des steigenden Strombedarfs würden wir aber tatsächlich gern mehr in der Schweiz investieren, wenn wir denn könnten. Warum ist das heute nicht der Fall?
Erstens: die Wasserkraft wird durch 500 Mio. CHF Wasserzinsen pro Jahr wirtschaftlich schon im Bestand unattraktiv gemacht, zudem wird jeglicher Ausbau u.a. durch Umweltverbände kategorisch, aber auch durch immer weitere Auflagen seitens Verwaltung de facto bekämpft - einmal abgesehen davon, dass die wenigen denkbaren Neubauprojekte ebenfalls finanziell sehr unattraktiv sind.
Zweitens: Wind wird in der Schweiz aufgrund der Topografie keine wirklich grosse Rolle spielen. Und auch hier: jedes Projekt wird erbittert bekämpft, 20-30 Jahre Diskussion ohne eine Turbine sind Realität.
Drittens: Photovoltaik hat zweifellos das grösste Potenzial in der Schweiz. Der grössere Anteil kommt von vielen kleinen Anlagen auf Dächern. Hier investieren aber nicht die Stromproduzenten, sondern die Immobilieneigentümer. Warum ist die Schweiz langsam unterwegs? Ein zentrales Problem sind zu geringe finanzielle Anreize für die Hauseigentümer. Das CO2-Gesetz wird helfen, aber reicht es? Grossanlagen, worauf Axpo spezialisiert ist, sind einerseits in der Schweiz faktisch verboten, werden falls diskutiert lokal ebenfalls bekämpft und sind wirtschaftlich nicht tragbar. Dennoch investiert Axpo in das Leuchtturmprojekt #AlpinSolar. Aber neben der fehlenden Möglichkeit, überhaupt Anlagen zu bauen, gilt: ohne Instrumente wie die gleitende Marktprämie, die sich auch international breit bewährt hat, bleiben diese Anlagen Verlustgeschäfte und werden daher nicht gebaut werden.
Viertens: eine energieautarke Schweiz ist ein unrealistisches Ansinnen, sowohl technisch wie auch ökonomisch. Dies ist schon nur deswegen so, weil wir nach dem Ausstieg aus der Kernkraft im Winter noch mehr auf Importe angewiesen sein werden. Das bedeutet, dass eine gute Integration der Schweiz in den europäischen Strommarkt wichtig ist.
Die Beseitigung dieser Hindernisse (Wasserzinsen, Auflagen, Bewilligungsprozesse, fehlende finanzielle Anreize, falsche Instrumente, fehlendes Stromabkommen) kann nicht von den Produzenten durchgeführt werden. Das macht deutlich, dass die Sicherstellung der nationalen Versorgungssicherheit eben die Verantwortung der Politik und Verwaltung ist und bleibt.
Wir freuen uns darauf, mehr in der Schweiz in den Ausbau von Grossanlagen und damit in die lokale Produktion zu investieren, sobald die Voraussetzungen dafür von der Politik geschaffen sind.