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05.03.2020 | Erneuerbarer Strom als Schlüssel unserer Zukunft

Klimaneutrale Schweiz 2050

Die Weltgemeinschaft hat mit dem Pariser Abkommen entschieden, die Erderwärmung auf klar unter 2 Grad zu begrenzen. Die Schweiz will dazu beitragen und bis 2050 klimaneutral werden. Geht das – und was heisst es für die Stromversorgung der Zukunft? Eine Einschätzung von Nick Zepf, Leiter Corporate Development.

An der Klimakonferenz in Paris Ende 2015 haben die Mitglieder der UNO entschieden: Alle Staaten sollen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen verpflichtet werden. Mit dem Übereinkommen soll die durchschnittliche globale Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf deutlich unter 2 Grad Celsius begrenzt werden, wobei ein maximaler Temperaturanstieg von 1,5 Grad Celsius angestrebt wird.

Klimaneutral bis 2050 – grosse Herausforderungen

Ein solches Ziel, wie es sich die UNO Mitglieder gesetzt haben, ist zwingend nötig, um den Klimawandel so gut wie möglich aufzuhalten. Wo aber steht die Schweiz in Sachen Klima?

Der Bundesrat hat im August 2019 entschieden, dass die Schweiz bis 2050 klimaneutral. sein soll. Die Treibhausgase sollen gestaffelt reduziert werden: bis 2020 um 20%, bis 2030 um 50% und bis 2050 um 100%. Das ist ein ambitioniertes Ziel, denn beim Blick auf den Endverbrauch je Energieträger zeigt sich, dass in der Schweiz 77 Prozent der Energieträger CO2-lastig sind, die in den nächsten 30 Jahren klimaneutral ersetzt werden sollen. 

77% der Energie in der Schweiz muss CO2 frei ersetzt werden, dazu zählt auch die Kernenergie, die nach Abschaltung der Kernkraftwerke ebenfalls ersetzt werden muss.

Zwar ist der Strom in der Schweiz mit der Kern- und Wasserkraft schon heute praktisch CO2-frei. Dieser Anteil macht allerdings nur 25% aller Energieträger aus: Treibstoffe, Gas, Erdölbrennstoffe u.a. müssen vollständig ersetzt werden. Wie soll das gehen?

Unsere grosse Hoffnung «Strom»

Um dieses ambitionierte Ziel des Bundes zu erreichen, muss ein Umdenken auf der ganzen Ebene stattfinden. Oberstes Gebot dazu ist die Energieeffizienz, wie sie auch in der Energiestrategie 2050 steht.

Nick Zepf, Leiter Corporate Development, zu möglichen Lösungsansätzen:

Nick, wie können wir CO2-frei werden?

Energieeffizienz ist der erste Schlüssel. Wenn wir von Energieeffizienz sprechen, denken wir immer an die kleinen Verbesserungen hier und dort. Die soll man realisieren. Aber wir brauchen auch die grossen, substanziellen Energieverbesserungen. Diese sind unerlässlich. Das braucht neue Entwicklungen und auch erfolgreiche Markteinführungen.

Woran denkst Du da konkret?

Im Gebäudebereich kann mit Isolation (Fassade und Fenster) sowie mittels Wärmepumpe viel Energie eingespart werden. Ein Minergie Haus braucht nur 1/5 von einem Altbau und nur ½ von einem normalen Gebäude an Energie. Bei Minergie Plus ist die Einsparung noch grösser. Vor 20 Jahren war dies eine Vision, heute ist es Realität. Oft sind es aber ökonomische Gründe (nicht verfügbares Kapital) warum es nicht angewendet wird. Oder im Beleuchtungsbereich ist heute LED Standard. Eine LED Beleuchtung braucht noch rund 10-15% einer konventionellen Glühbirne. Das ist eine sehr substantielle Verbesserung.

Und wo sparen wir weiter CO2?

Neben der Energieeffizienz sehe ich zudem zwei grosse Bereiche, in denen wir enorme Mengen an CO2 einsparen müssen: im Verkehr und bei der Wärme. Beim Verkehr müssen wir über Batterien (bei kleineren Fahrzeugen) oder über Wasserstoff (bei Lastwagen) gehen, gespiesen und produziert mit Strom aus erneuerbaren Energien. Hier braucht es entsprechende staatliche Vorschriften. Ich hoffe, dass diese Regulierung Technologie-neutral sein wird. Dann wird sich die beste Technologie, vielleicht auch eine, die wir noch nicht kennen, durchsetzen. Der zweite grosse Bereich ist die Wärme. Ich sehe hier die Kombination von Wärmepumpen (primär Erdwärmepumpen) und PV Anlagen. Offensichtlich für mich ist, dass die Transformation hin zu einer CO2-armen oder CO2-freien Welt über den Strom führen wird. Erneuerbarer Strom ist daher der Schlüssel unserer Zukunft.

Heisst das, dass wir in Zukunft insgesamt mehr Strom benötigen?

Das ist korrekt. Axpo hat das abgeschätzt und rechnet damit, dass bis 2050 zusätzlich rund 55 TWh zugebaut oder ersetzt werden müssen. Das sind 88% des heutigen Stromverbrauchs. Dies setzt sich zusammen aus 18 TWh für den Wärmebereich (und dies nur im Winter), 13 TWh für den Mobilitätsbereich und 24 TWh für den Ersatz der Kernenergie.

Das Vorhaben ist sehr ambitioniert. Insgesamt sehe ich aber vor allem bei der Photovoltaik das grösste Ausbaupotenzial.

Im Sommer produziert die Schweiz doch bereits heute einen Stromüberschuss – wir brauchen aber mehr Lösungsansätze für die Winterstromproblematik.

Ja, im Winter hinkt die Schweizer Stromproduktion deutlich hinter der Nachfrage her. Wie wir mittels PV zunehmende Stromüberschüsse im Sommer in den Winter verlagern können, ist noch offen. Speicherseen sind im Ausbau limitiert. Von den synthetischen Gasen wird Wasserstoff aus heutiger Sicht die günstigste Speicherlösung sein. Aber sie wird, auch unter Berücksichtigung von Kostendegressionen, trotzdem sehr teuer sein. Dies hat damit zu tun, dass wir den Sommerstrom zuerst in Wasserstoff umwandeln, diesen lagern müssen und dann daraus wieder Strom machen. Das erfordert enorme Investitionen und in jedem Schritt verlieren wir einen Teil der Energie. Trotz aller Probleme und den Kosten müssen wir feststellen: die Sommer-Winter-Umlagerung ist aus heutiger Sicht die grösste Herausforderung.

Du sagst, dass die Absicht des Bundes sehr ambitioniert ist. Braucht es das wirklich?

Und ob es das braucht! Seit der Industrialisierung konnte man in der Atmosphäre einen exponentiellen Anstieg der CO2-Konzentration feststellen. Das ist eine erschreckende Entwicklung. Das Ziel des Bundes ist daher das einzig richtige. Wie wir bis 2050 klimaneutral werden sollen, ist allerdings noch eine offene Frage. Der Bund muss so rasch wie möglich eine neue Energiestrategie und die entsprechenden Rahmenbedingungen definieren. Denn die Zeit ist ein wichtiger Faktor: Zuwarten macht die Herausforderungen grösser, nicht kleiner!

Ab den Jahren 2000 nahm die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre exponentiell zu. Quelle: NASA’s Goddard Institute for Space Studies
In welcher Ausgangslage befindet sich die Schweiz und Axpo?

Die Schweiz ist in einer guten Ausganglage, denn wir haben, verglichen mit anderen Ländern, einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien beim Strom. Ausserdem ist der Grad der Technologisierung in der Schweiz hoch und grundsätzlich ist Kapital verfügbar. Die zentrale Frage ist, gelingt es uns diese gute Ausgangslage auch sinnvoll zu nutzen. Zielführende Regulierungen werden eine zentrale Rolle spielen.

Axpo als Stromunternehmen, das entlang der ganzen Wertschöpfungskette aktiv ist, ist sicher in einer guten Ausgangslage. Diese gilt es nun aktiv zu nutzen.

Nick Zepf, Leiter Corporate Development Axpo: «Die Herausforderung ist gigantisch. Zuwarten macht sie aber grösser, nicht kleiner!»

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