17.04.2019 | Switzerland ranks second in the WEF's "Energy Transition Index"
Die Schweizer Stromproduktion mit Wasserkraft und Kernenergie ist sehr CO2-arm und damit klimafreundlich. Der neuste vom Weltwirtschaftsforum WEF erstellte Energy Transition Index zeigt zudem: Auch in Sachen Energieeffizienz liegt die Schweiz mit an der Spitze.
Am medienwirksamen Anfang stand der frühere US-Vizepräsident Al Gore - jetzt sind es die "Klima-Rebellin" Greta Thunberg und Schweizer Schülerinnen und Schüler: Sie machen sich Sorgen wegen der Klimaerwärmung, gehen auf die Strasse, demonstrieren und fordern für die Schweiz "netto null Treibhausgasemissionen bis 2030".
Wir sind, so titelte die "Neue Zürcher Zeitung" unlängst, "ein Musterschüler", aber "nur auf den ersten Blick". Betrachtet man nur die in der Schweiz produzierten Treibhausgasemissionen, stehen wir im internationalen Vergleich sehr gut da. Rechnen wir aber die Energiebilanz der aus dem Ausland importierten Industriegüter dazu, wird die Bilanz deutlich trüber (siehe Box am Schluss).
Die Schweiz verzeichnet unter den 30 Mitgliedsländern der Internationalen Energieagentur (IEA) die geringste CO2-Intensität. Der Ausstoss pro Kopf ist mehr als die Hälfte kleiner als jener der Industriestaaten der OECD. Trotz Bevölkerungswachstum (+23%) und einem Plus beim Bruttoinlandprodukt (+47%) sanken die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger zwischen 1990 und 2017 um 12 Prozent auf 47,2 Millionen CO2-Äquivalente. Bis 2020, so schreibt es das C02-Gesetz vor, sollten die Emissionen 20 Prozent tiefer sein als 1990. Ohne zusätzliche Massnahmen wird die Schweiz dieses Ziel aber wohl kaum erreichen.
Am meisten Treibhausgase, nämlich rund ein Drittel, emittiert der Strassenverkehr. Danach folgen Gebäude (Heizungen), Industrie, Landwirtschaft und Abfallbehandlung. Ein wesentlicher Faktor für die insgesamt recht positive Bilanz ist die relativ hohe Energieeffizienz und der Schweizer Energiemix.
Bei der Stromproduktion, für die auch Axpo als grösste Schweizer Produzentin von erneuerbaren Energien Verantwortung trägt, sieht es bezüglich CO2 nämlich sehr gut aus. In der Schweiz wird Strom zu 59.6% aus Wasserkraft, zu 31.7% aus Kernkraft, zu 2.7% aus fossilen und 6% aus anderen erneuerbaren Energien produziert. Das zeigt die Statistik des Bundesamtes für Energie (BFE) für das Jahr 2017. Das heisst über 97 % des hierzulande produzierten Stroms sind CO2-arm und damit klimafreundlich.
An Schweizer Steckdosen wird nicht nur Strom aus Schweizer Produktion geliefert: Es herrscht ein reger Handel mit dem Ausland, bei dem Strom exportiert und importiert wird. Deshalb stimmt der Schweizer Produktionsmix (siehe Haupttext) nicht mit der durchschnittlichen Zusammensetzung des gelieferten Stroms (Schweizer Liefermix) überein.
Der Strom aus Schweizer Steckdosen stammte 2017 zu rund 68% (2016: 62%) aus erneuerbaren Energien: Zu 60% aus Grosswasserkraft und zu rund 7% aus Photovoltaik, Wind, Kleinwasserkraft und Biomasse. 15% stammten aus Kernenergie und etwa ein Prozent aus Abfällen und fossilen Energieträgern. Für 16% des gelieferten Stroms sind Herkunft und Zusammensetzung nicht überprüfbar, man spricht deshalb von „grauer Energie“. Dies zeigen die Daten zur Stromkennzeichnung 2017 des Bundesamtes für Energie.
Im Ende März publizierten «Energy Transition Index 2019» des Weltwirtschaftsforums WEF hat sich die Schweiz auf Platz 2 vorgearbeitet. Bei Investitionen in die Energieeffizienz liegt das Land an der Spitze. Der Index beurteilt die Länder bezüglich der Leistung ihres bestehenden Energiesystems und ihrer Bereitschaft für den Übergang zu einem nachhaltigen und erschwinglichen Energiemix.
Auf den ersten Rang kam Schweden, im Vergleich zum Vorjahr überholte die Schweiz aber Norwegen. Auf den Plätzen vier und fünf folgen Finnland und Dänemark. Der Index bemängelt, dass in den grossen Volkswirtschaften der Übergang zur nachhaltigen und effizienten Energienutzung aber nur schleppend vor sich gehe. Jene zehn Länder, die in diesem Bereich vorne liegen, machen dagegen nur 2,6 Prozent der jährlichen Treibhausgasemissionen aus.
«Wir brauchen eine Zukunft, in der Energie bezahlbar, nachhaltig und für alle zugänglich ist», kommentiert Robert Bocca, Heand of Future Energy and Materials und Mitglied des Exekutivkomitees des WEF. Es gebe aber Missstände, die sich bereits heute auf unser Klima und unsere Gesellschaft auswirken. Deshalb seien «dringende Massnahmen notwendig» um diesen Übergang voranzutreiben.
Auch von der Internationalen Energieagentur (IEA) erhält die Schweiz gute Noten für ihre Energiepolitik, insbesondere im Bereich Energieeffizienz und beim Zubau von erneuerbaren Energiequellen. In ihrem Prüfungsbericht vom Oktober 2018 mahnt sie jedoch, für den Umbau des Energiesystems im Einklang mit den Zielen der Klimapolitik sei es notwendig, den regulatorischen Rahmen weiterzuentwickeln. Die IEA regt deshalb an, eine Fortführung der Fördermassnahmen für erneuerbaren Strom, respektive die Effizienz von Gebäuden zu prüfen und die Wasserzinsen an den Strommarktpreis zu koppeln. Zudem tritt sie für eine vollständige Öffnung des Schweizer Strommarkts ein.
Gleichzeitig warnt sie, dass die Spitzen des Stromverbrauchs im Winter eine Gefahr für die Stabilität des Systems darstellen könnte. Denn die Differenz zwischen der benötigten Strommenge und der Stromproduktion in der Schweiz habe in dieser Jahreszeit in den letzten Jahren zugenommen. Dieser Trend werde mit dem Ausstieg aus der Kernenergie noch weiter zunehmen. Zudem gilt es diese CO2-arme Energieproduktion mit anderen erneuerbaren Energien zu ersetzen, damit die Treibhausgas-Bilanz der Schweiz sich nicht verschlechtert. Das wird allerdings nicht ganz so einfach, wie dies die Energiestrategie 2050 des Bundesrats vorgibt.
Die Schweiz, so rechnet die NZZ vor, importiere sehr viele CO2-intensive Produkte und verursache damit mehr CO2 im Ausland als in der Schweiz selber. Eine Analyse der ETH Zürich zeigt etwa, dass 80 Prozent der Treibhausgasemissionen und 95 Prozent der Freinstaubemissionen aus der Herstellung von Schweizer Produkten aus der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie in der ausländischen Zulieferkette anfällt.