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04.05.2023 | Warum höhere Staumauern nicht mehr Wasserkraft bringen – und dennoch sinnvoll sein können

Mauern für die Energiewende

Will die Schweiz ihre Energieversorgung künftig verstärkt mit Solarstrom sicherstellen, braucht es – gerade für die Wintermonate – zusätzliche Speicher. Staumauer- und Staudammerhöhungen werden deshalb aktuell heiss diskutiert. Was die Projekte bringen (und was nicht) erklärt Axpo-Wasserkraftexperte Peter Lustenberger.

Peter, in der Schweiz werden verschiedene Projekte für Staudamm- oder Staumauererhöhungen diskutiert. Mit welchem Ziel?

Um dann mehr Strom produzieren zu können, wenn wir ihn am dringendsten brauchen. Übers Jahr gesehen produziert die Schweiz zwar genug Strom – zumindest in den meisten Jahren. Saisonal betrachtet, schaut es allerdings anders aus. Während wir im Sommer dank viel Wasserkraft eine Überproduktion haben, fehlt uns der heimische Strom im Winter. Dies, weil die Wasserkraft dann weniger produziert und weil wir im Winter viel mehr Strom verbrauchen. Dank grösserer Stauseen könnten wir mehr Wasser für den Winter speichern – Wasser, das wir heute schon im Sommer zur Stromproduktion brauchen müssten, weil die Stauseen voll sind. Dank grösserer Stauseen lässt sich also die Produktion vom Sommer in den Winter schieben. Das ist dringend nötig, denn die Winterlücke wird grösser. Die Kernenergie fällt dereinst weg und Solarenergie (die im Winter viel weniger produziert als im Sommer) wird zugebaut.

Höhere Staumauern und Dämme bringen also mehr Reserve für den Winter aber unter dem Strich keine zusätzliche Produktion?

Höhere Dämme und Mauern alleine bringen tatsächlich so gut wie keine zusätzliche Produktion. Sie erlauben nur, Wasser anstatt im Sommer im Winter zu verstromen, also die Produktion saisonal umzulagern. Nur weil die Mauer höher ist, regnet es ja nicht plötzlich mehr. Nur wenn zusätzliches Wasser, das bisher nicht zur Stromproduktion genutzt wurde, neu erschlossen werden kann, hat das insgesamt eine Produktionssteigerung zur Folge. Konkret: Die 15 Projekte des «runden Tisches Wasserkraft» sehen Projekte vor, die 2 Terawattstunden zusätzlichen Winterstrom bringen. Aber 1,4 TWh davon sind Verschiebungen aus dem Sommer. Nur 0,6 TWh wären neue Produktion – also neue Kraftwerke, neue Wasserfassungen oder Verhinderung von Überläufen.

Helfen die höheren Mauern und Dämme der Energiewende?

Sie sind dafür sogar zentral. Die Schweiz will die Energiewende vor allem mit einem starken Zubau bei der Solarenergie schaffen. Diese Energie fällt grossmehrheitlich im Sommer an. Natürlich wird es auch im alpinen Bereich Solarzubau und damit zusätzlichen Winterstrom geben. Aber der grösste Teil der Solarenergie wird im Flachland produziert – da kommt im Winter nicht viel. Deshalb braucht es dringend einen Weg, Produktion in den Winter zu schieben. Wer also die Energiewende mit dem Ausbau von Solarstrom schaffen will, muss auch diese Wasserkraftprojekte unterstützen. 

Peter Lustenberger

In der Schweiz stehen bezüglich Winterstrom die 15 Projekte des «runden Tisches Wasserkraft» im Zentrum. Wieso gerade diese?

Die 15 Projekte sind eine Art Kompromiss zwischen Kantonen, Betreibern und den Natur- und Umweltschutzorganisationen. Die Teilnehmenden des runden Tisches haben sich mit der Frage beschäftigt, wie man mit möglichst geringem Einfluss auf Natur- und Umwelt 2 Terawattstunden zusätzliche Winterstromproduktion ermöglichen kann – das ist ein Ziel, das sich der Bundesrat gesteckt hat. Daraus resultierten diese 15 Projekte. Die 2 Terawattstunden aus den 15 Projekten reichen natürlich nicht, um die Energiewende zu schaffen. Es braucht weit mehr. Aber es wäre ein wichtiger Schritt.

Unter den 15 Projekten sind auch zwei von Axpo und eines von CKW – wie steht es darum?

Wir prüfen einerseits bei den Kraftwerken Mattmark und Göschenen eine Staudammerhöhung, andererseits bei den Kraftwerken Vorderrhein die Erhöhung von einer oder zwei Staumauern. Bei allen Projekten sind derzeit Machbarkeitsstudien in der Ausarbeitung. Die Unterfangen sind nur aus Optik der Versorgungssicherheit interessant. Aus rein wirtschaftlicher Sicht würden wir sie im aktuellen Umfeld nicht anpacken. Es handelt sich um Investitionen in Millionenhöhe, die nicht zu einer Mehrproduktion, sondern lediglich zu einer Verschiebung in den Winter führen.

Im optimistischen Fall: Wann steht diese zusätzliche Reserve für den Winter bereit?

Wenn alles gut geht im Laufe der frühen Dreissigerjahre. Das würde aber bedingen, dass der Bund die Projekte ausreichend fördert, wir mit den Konzessionsgebern eine Lösung für Restwertentschädigungen bei Konzessionsende finden, keine Einsprachen die Verfahren in die Länge ziehen und es keine Überraschungen technischer Natur gibt. Einige Stolpersteine gibt es also schon noch.

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