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18.05.2022 | Axpo setzt sich in Frankreich durch

«Die Mitarbeitenden sind der wichtigste Wachstumsfaktor»

Jeanette Schranz

Autorin

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Das französische Auktionssystem hat die Windenergiebranche in den letzten Jahren beflügelt. Die Axpo Tochtergesellschaft Volkswind ist mit 11% des Gesamtvolumens einer der wichtigsten Akteure in diesem Markt. Jean-Luc Proust, Leiter von Volkswind Frankreich, erklärt, wie der Markt funktioniert und welche Strategie das Unternehmen verfolgt.

 

Jean-Luc, der Bau von Windkraftanlagen in Frankreich ist offensichtlich attraktiv. Wie lange sind Sie schon auf diesem Markt tätig?
In der Tat ist der Onshore-Windmarkt in Frankreich aufgrund der guten Windverhältnisse, der Regulierung und der Energie-Roadmap sehr attraktiv. Volkswind ist seit 2001 einer der Pioniere der Windenergieentwicklung in Frankreich.

Was beinhaltet die Energie-Roadmap genau? Was soll bis wann erreicht werden?
Der Energiefahrplan für Frankreich wird im Wesentlichen durch zwei Regulierungen definiert, in denen Ziele und Fristen für verschiedene Handlungsebenen festgelegt sind. Die Nationale Strategie für CO2-arme Energien gibt die langfristige Vision vor, bis 2050 klimaneutral zu werden und 100% CO2-armen Strom zu erzeugen. Das mehrjährige Energieprogramm (PPE) legt die Prioritäten für die Energiewende fest und enthält Zielvorgaben für jeden Energiesektor. Die Onshore-Windenergie soll bis 2028 beispielsweise eine installierte Kapazität zwischen 33,2 GW und 34,7 GW erreichen. Zum Vergleich: Ende 2021 betrug die Gesamtkapazität der angeschlossenen Windkraftanlagen in Frankreich 18,8 GW.

"Auch der Windenergiesektor in Frankreich setzt immer mehr auf die Beteiligung der Bürgerinnen und Gemeinden, um den Ausbau voranzutreiben." Jean-Luc Proust, Leiter von Volkswind Frankreich

In Frankreich gibt es seit 2017 Auktionen. Wie funktionieren sie?
Seit dem Ende der Einspeisevergütung resp. der Stromabnahmeverpflichtung im Jahr 2017 ist der einzige Fördermechanismus für Onshore-Windenergie die Direktvermarktung.

Dabei wird die Energie mittels des Direktvermarkters, wie beispielsweise Axpo Trading, auf dem Markt verkauft und die Differenz zum festgelegten Tarif wird durch die französische Elektrizitätsgesellschaft EDF beigesteuert. Der festgelegte Tarif ist entweder das Ergebnis des Auktionsverfahrens, oder gesetzlich festgelegt für Windparks bis zu einer bestimmten Grösse.

Das Ausschreibungsverfahren wird vom Energieministerium organisiert, und die Angebote werden von der Energieregulierungskommission (CRE) bewertet. Die Angebote dürfen nur auf der Grundlage des vorgeschlagenen Preises abgegeben werden, ohne Berücksichtigung regionaler Spezifikationen.

Wie haben Sie bisher auf dem französischen Markt abgeschnitten?
In den ersten neun französischen Onsohre-Windauktionen haben wir 452 MW oder 11 Prozent des Gesamtvolumens erreicht. Damit liegen wir klar vor unseren Wettbewerbern, was uns sehr freut und stolz macht.

Marktanteil von Volkswind nach neun Windauktionen in Frankreich: Volkswind liegt auf dem ersten Platz.

Wie lange dauert es, einen Windpark in Frankreich zu bauen?
Derzeit beträgt die durchschnittliche Entwicklungszeit für einen Windpark in Frankreich zwischen sechs und acht Jahren.

Was beeinflusst die Verfahrenslänge?
Für jeden neuen Windpark in Frankreich ist eine Umweltgenehmigung erforderlich. Um diese zu erhalten, müssen eingehende Studien durchgeführt werden, z. B. über Vögel, Fledermäuse, die Landschaft und die Akustik. Es folgt ein Verwaltungsverfahren mit einer öffentlichen Anhörung, bei der die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung zu dem Projekt äussern können. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte entscheidet der Präfekt schliesslich, ob er das Projekt genehmigt oder nicht. Diese Entscheidung wird häufig von einigen wenigen lokalen Gegnern rechtlich angefochten, was die Fertigstellung des Projekts um mehrere Jahre verzögern kann. 

Vereinfachtes Genehmigungsverfahren in Frankreich seit 2019

Vor 2019 gab es für Projekte zwei Instanzen: das Verwaltungsgericht (tribunal administratif) und das Verwaltungsgericht für Berufungen (cour administrative d'appel). Heute können Einsprüche gegen Umweltgenehmigungen für Onshore-Windprojekte nur noch vor den Verwaltungsgerichten in erster und letzter Instanz angefochten werden. Der einzige Rechtsbehelf, der nach der Entscheidung des Berufungsverwaltungsgerichts offenbleibt, ist die Kassationsbeschwerde vor dem Staatsrat (Conseil d'état). Die Abschaffung der ersten Instanz hat das Verfahren gestrafft und die Genehmigung von Windkraftprojekten um bis zu zwei Jahre beschleunigt.

In der Solarindustrie in Frankreich beteiligen sich auch Bürgerinnen und Bürger über Crowdfunding am Ausbau. Gibt es solche Modelle auch in der Windbranche?
Ja. Zwar weniger als bei der Solarenergie, aber auch die Windenergiebranche setzt zunehmend auf die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden beim Ausbau. Volkswind hat bereits fünf erfolgreiche Crowdfunding-Aktionen für die Entwicklung von Windenergieprojekten in Frankreich ins Leben gerufen. Es müssen jedoch noch neue Modelle entwickelt werden, z. B. durch die Erleichterung des Erwerbs von Anteilen an der Projektgesellschaft durch lokale Behörden oder Einwohner.

Axpo will zusammen mit Volkswind bis 2030 3 GW Strom aus Onshore-Windkraftanlagen entwickeln. Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?
In Frankreich und Deutschland wollen wir organisch und auch durch Akquisitionen wachsen.

Was heisst das genau?
In Frankreich wollen wir die Zahl der Mitarbeitenden in unseren bestehenden Büros in Limoges, Tours, Montpellier und Amiens erhöhen und neue Büros in Gebieten eröffnen, in denen wir noch nicht so stark vertreten sind, wie in Ostfrankreich und der Bretagne sowie in Nordfrankreich, wo wir noch Marktanteile gewinnen können.

Was planen Sie beim Wachstum durch Akquisitionen?
Wir beobachten den Markt aktiv, um andere, kleinere Windentwickler oder einzelne Projekte, die sich in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, zu erwerben. Aber der wichtigste Wachstumsfaktor sind unsere Mitarbeitenden. Deshalb arbeiten wir auch an der Entwicklung unseres Personals, um Prozesse zu verbessern und neue Wege für die Entwicklung von Projekten zu finden - zum Beispiel Repowering, die Kombination mit Batterien und Wasserstoff, die Förderung der Bürgerbeteiligung und so weiter.

Und wo wollen Sie diese 3 GW bauen? Welche Länder sind für Sie interessant?
Der Grossteil wird in den Kernmärkten Frankreich und Deutschland entstehen. Volkswind hat in diesen Ländern eine starke Marke und beide bieten ein stabiles rechtliches und politisches Umfeld für die Entwicklung von Windprojekten. Sie sind das Rückgrat unseres Geschäfts, da wir auf diesen Märkten unser Know-how haben.

Haben Sie noch andere Länder im Fokus?
Wir bereiten aktuell einen Markteintritt in Rumänien vor und weitere Büros in eher handelsorientierten Märkten (ohne Einspeisetarife, Contracts for Difference oder ähnliches) werden folgen. Volkswind verfolgt eine Nischenstrategie und zielt vor allem auf Märkte ab, die noch nicht im Fokus der grossen Entwickler stehen. Rumänien erfüllt die meisten unserer Schlüsselkriterien bei der Bewertung neuer Märkte: starke Nachfrage nach zusätzlicher erneuerbarer Kapazität, hohe lokale Akzeptanz der erneuerbaren Energien, mittlere Marktgrösse, relativ moderater Wettbewerb, gute Windverhältnisse und weniger Restriktionen im Planungsprozess. Allerdings sind Märkte wie Rumänien mit höheren regulatorischen, wirtschaftlichen und Compliance-Risiken behaftet als unsere Kernmärkte, und die Netzkapazität und die Kommerzialisierung der Produktion stellen eine Herausforderung dar. Wir arbeiten sehr eng mit den lokalen Niederlassungen von Axpo zusammen und nutzen die Synergien und Marktkenntnisse der Axpo Gruppe, um die Risiken zu bewältigen.

Können Sie den Ausbau der Windenergie in der Schweiz einschätzen? Warum ist es für Sie dort nicht interessant?
Alle Windentwicklungsaktivitäten in der Schweiz liegen in der alleinigen Verantwortung der Axpo Tochter CKW, die vor Ort stark verankert ist und über tiefe Marktkenntnisse verfügt. Dabei nutzen wir gegenseitig unsere Synergien in der Axpo Gruppe. Zwischen CKW und Volkswind findet ein regelmässiger Austausch auf Expertenebene statt, um unser Know-how zu teilen. Dieser Austausch wird sicher noch intensiviert, wenn das regulatorische Umfeld in der Schweiz günstiger wird. Auch hier können wir die Synergien der Gruppe nutzen.

Windland Frankreich

Im Jahr 2021 wurden in Frankreich Onshore-Windturbinen mit einer Gesamtleistung von 1'064 MW zugebaut - ein Zuwachs von 6%. Die Gesamtkapazität der Windkraftanlagen in Frankreich beträgt 18.877 MW. Aufgrund ungünstigerer klimatischer Bedingungen sank die Produktion im Jahr 2021 gegenüber 2020 von 39,7 TWh auf 36,8 TWh, was einem Rückgang von 7 % entspricht. Die Windenergie lieferte 2021 etwa 7,8 % des nationalen Stromverbrauchs.

Die Schweiz als «Entwicklungsland»

Die Windenergie hat in der Schweiz einen schweren Stand. Das liegt vor allem an den zahlreichen Interessenkonflikten zwischen Energieversorgern und Umweltbehörden, die den Bau neuer Windkraftanlagen behindern oder verzögern. Bis heute sind in der Schweiz 42 Windkraftanlagen gebaut worden. Leider wird damit nur ein Bruchteil des im Land vorhandenen Potenzials genutzt. Um die Energiestrategie des Bundes zu erreichen, müssten bis 2050 rund 800 bis 900 Windkraftanlagen gebaut werden. Im Durchschnitt steht die Windenergie in der Schweiz zu etwa 15 bis 20 Prozent der Zeit zur Verfügung. Rund zwei Drittel des Stroms könnten im Winterhalbjahr, also dann, wenn wir den Strom am meisten brauchen, durch Windkraftanlagen produziert werden. Eine Studie von Suisse Eole, in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie, schätzt das nutzbare Potenzial der Windenergie auf insgesamt 9 TWh pro Jahr. Ein Potenzial, das noch nicht ausgeschöpft ist. Leider wird sich das ohne eine Vereinfachung der Planungs- und Bewilligungsverfahren kaum ändern.

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